Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

2. Untersuchungsrahmen

Die Festlegung des Untersuchungsrahmens für die Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVS) gemäß § 5 UVPG für das Vorhaben „Ersatzneubau der alten Levensauer Hochbrücke und Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals zwischen Km 93,2 – 94,2“ wurde bezogen auf das Ausbauvorhaben getroffen. Grundlage hierfür war der vom WSA Kiel-Holtenau zum Scoping- Termin vorgelegten Vorhabensentwurf am 31. Januar 2011 vorgelegte Vorschlag zu Inhalt, Umfang und Untersuchungsmethoden der UVS (Festsetzung des Untersuchungsrahmens vom 27.05.2011 [WSV, Akt. Z.: P 143.3/62]).

Im weiteren Planungsablauf wurde das Konzept für die Verbringung der Bodenmassen weiter konkretisiert und im Dezember 2012 endgültig fertiggestellt. Parallel und im Nachlauf dazu wurde die technische Planung des Ausbaus konkretisiert, so dass im März 2015 ein Entwurf vorlag, der die Grundlage für die Auswirkungsprognose der UVU und für den LBP bildete.

Gegenüber dem, durch die WSD Nord festgesetzten Untersuchungsrahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist unter Einbezug der vorgeschlagenen Verbringungsflächen für die Verbringung der Aushubmassen (Nass- und Trockenaushub), unter Berücksichtigung von weiteren Alternativvorschlägen, eine Erweiterung des Untersuchungsraums und Anpassung des Untersuchungsrahmens erfolgt.

Zur Ermittlung und Bewertung von möglichen Umweltauswirkungen der verschiedenen Vorhabensbestandteile wurden für die zu betrachtenden Schutzgüter in Abhängigkeit von der Reichweite der zu erwartenden umweltrelevanten Wirkungen des Vorhabens unterschiedliche Untersuchungsräume abgegrenzt.

Darüber hinaus wurde eine Anzahl weiterer Sonderuntersuchungen durchgeführt und für die Bearbeitung der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) und dem Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) ausgewertet. Hierzu zählen

Die Ergebnisse der floristischen und faunistischen Untersuchungen sind in einem eigenständigen Dokument zusammengefasst (vgl. Planunterlage 4-2 ). Zur Artengruppe der Fledermäuse wurden spezielle Untersuchungen durchgeführt, die in der Planunterlage 4-4 dokumentiert sind. Die Ergebnisse der Untersuchungen dienen als Grundlage für die artenschutzrechtlichen Fachbeiträge (vgl. Planunterlage 4-3 ) und für die Bearbeitung des landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP, vgl. Planunterlagen 3-1 und 3-2 ).

Aufgrund der spezifischen Anforderungen des Naturschutzrechts an die Berücksichtigung streng geschützter Arten wurden eigenständige artenschutzrechtliche Fachbeiträge angefertigt. Die Artengruppe der Fledermäuse wird dabei in einem gesonderten artenschutzrechtlichen Fachbeitrag berücksichtigt (vgl. Planunterlage 4-3-2 ). Sondergutachten Fledermäuse Planunterlage 4-4 .

Außerdem wurde ein Fachbeitrag zur Wasserrahmenrichtlinie erstellt, der die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Bewirtschaftungszielen nach §§ 27 und 44 WHG darstellt.

Im Rahmen der Planfeststellungsunterlagen zum Ersatzneubau der Levensauer Hochbrücke und dem Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals bei Kkm 93,2-94,2 wurde eine FFHVerträglichkeitsvoreinschätzung durchgeführt (vgl. Planunterlage 4-1-1 ), bei der die Natura 2000 Gebiete in mittelbarer und unmittelbarer Lage zum NOK dargestellt wurden. Diese Gebiete wurden in Bezug auf erhebliche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben geprüft und das Erfordernis der Erstellung von FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen dargestellt.

Als Ergebnis aus der FFH-Verträglichkeitseinschätzung wurde für das Gebiet 1626-352 „Kalkquelle am Nord-Ostsee-Kanal in Kiel“ eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung erstellt (vgl. Planunterlage 4-1-2 ).

Zur Bewältigung der Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und des Artenschutzrechts sowie zur Vorbereitung der Umsetzung von Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen wurde ein Landschaftspflegerischer Begleitplan (vgl. Planunterlagen 3-1 und 3-2 ) erarbeitet. Die oben genannten Fachbeiträge stellen eine wichtige Grundlage für die Bearbeitung des LBP dar. Eine Grobabschätzung der FFH- und artenschutzrechtlichen Verträglichkeit sowie der Verträglichkeit mit der WRRL erfolgt aber bereits auf der Ebene der UVS, um ggf. Planungshindernisse schon auf dieser Planungsebene erkennen zu können.

 

Vorgehensweise

Die allgemeine Vorgehensweise der UVS kann in 3 Teile gegliedert werden:

1) Bestandsaufnahme und fachliche Beurteilung (vgl. Kapitel 4 der UVS):

  • Ermitteln und Beschreiben der Werte und Funktionen des Raumes und seiner Bestandteile für die Schutzgüter (gem. § 2 Abs. 1 UVPG) Menschen einschließlich der menschlichen Gesundheit; Tiere, Pflanzen einschließlich der biologischen Vielfalt; Boden; Wasser; Klima; Luft; Landschaft; Kultur- und sonstige Sachgüter sowie Wechselwirkungen bzw. Wechselwirkungskomplexe (Sachebene)
  • Bewertung der Raumeigenschaften im Hinblick auf die erwarteten Wirkfaktoren (Wertebene).

Die Bewertung der Leistungsfähigkeit, Bedeutung bzw. Empfindlichkeit der Schutzgüter und der vorhandenen Vorbelastungen erfolgt systematisch für jedes der im sog. Scoping (§ 5-Termin UVPG) am 31.01.2011 als relevant eingestuften Schutzgutes, aber auch anhand deren Wechselwirkungen untereinander.

Es erfolgt jeweils eine schutzgutbezogene Ermittlung und Beschreibung sowie eine Bewertung des Ist-Zustandes.

Die Bewertung orientiert sich an den Vorgaben des „Leitfadens zur Umweltverträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen“ (BMVBS 2007*) bzw. alternativ an den Hinweisen der Version von 1996 (BfG 1996), soweit diese noch Verwendung finden können sowie dem Orientierungsrahmen Straßenbau S-H (LANDESAMT FÜR STRAßENBAU UND STRAßENVERKEHR SCHLESWIG-HOLSTEIN, 2004**).

Die Werteinstufung erfolgt soweit möglich und sinnvoll in einer fünfstufigen ordinalen Skala entsprechend der tatsächlich vorgefundenen Qualitätsmerkmale bzw. Ausstattung. Alternativ werden die untersuchten Parameter in Wertelemente „allgemeiner“ und „besonderer“ Bedeutung unterteilt.

* BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE (2007): Leitfaden zur Umweltverträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.), Bonn
** LANDESAMT FÜR STRAßENBAU UND STRAßENVERKEHR SCHLESWIG-HOLSTEIN (2004): Orientierungsrahmen zur Bestanderfassung, -bewertung und Ermittlung der Kompensationsmaßnahmen im Rahmen Landschaftspflegerischer Begleitplanungen für Straßenbauvorhaben (Kompensationsermittlung Straßenbau), Kiel.

2) Auswirkungsprognose (vgl. Kapitel 5 der UVS)

  • Ermitteln und Beschreiben der Wirkfaktoren und Wirkungen,
  • Ermitteln der prognostizierten Umweltauswirkungen

Die zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens gem. § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG sind zu ermitteln, zu beschreiben und im Anschluss zu bewerten. Die Grundlage bilden der im § 5-Termin festgelegte Untersuchungsrahmen und –raum.

Entsprechend der unterschiedlichen Umweltauswirkungen, Eingriffsfaktoren sowie Art, Intensität, räumlicher Ausbreitung und Dauer des Auftretens der verschiedenen Wirkfaktoren / Wirkungen erfolgt eine Unterscheidung in flächenhaft (quantitative) und nicht flächenhaft erfassbare Wirkungen (qualitative). Flächenhaft erfassbar ist die im Zusammenhang mit dem Vorhaben überbaute bzw. in Anspruch genommene zerstörte Erdoberfläche sowie die Fläche, die infolge der Wirkungen zu einer Beeinträchtigung oder Gefährdung des Naturhaushaltes und der Umwelt des Menschen führt. Während sich der Flächenverbrauch relativ fest umreißen lässt, sind Wirkungen wie stoffliche Einträge, Stör-, Trenn- und Barriereeffekte (Trennung funktionsräumlicher Zusammenhänge) und Veränderungen standortspezifischer abiotischer Verhältnisse, von Nutzungsstrukturen sowie des Landschaftsbildes hier qualitativ dargestellt. Für die quantitativ erfassbaren Wirkungen (z.B. Lärm- und Schadstoffemissionen) ist entsprechend ihrer Ausbreitung und Intensität eine Abgrenzung nach Wirkzonen möglich, während die qualitativ erfassbaren Wirkungen ohne Dimension sind (z.B. Barrierewirkungen).

Die Auswirkungsprognose erfolgt anhand einer Verknüpfung der technischen Planungen i. M. 1:2.000 mit den Bestandsaufnahmen zur ökologischen und nutzungsbezogenen Empfindlichkeit des Untersuchungsraumes i. M. 1:5.000 - 25.000 unter Berücksichtigung der Vorbelastungen. Bei Prognose und Bewertung der Auswirkungen des Ersatzneubaus der alten Levensauer Hochbrücke und des Ausbaus des NOK wird generell nach bau-, anlage- und betriebsbedingten Wirkungen unterschieden. Im Falle anlage- und betriebsbedingter Eingriffe ist grundsätzlich von langfristigen Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes auszugehen.

  • Baubedingte Wirkfaktoren sind verursacht durch temporäre Baustelleneinrichtungen und Materialtransporte im Bereich der Eingriffsflächen und der Verbringungsflächen sowie die Flächen für Boden- und Materialablagerungen. Weiterhin sind Lärm-Emissionen von Fahrzeugen oder auch Vegetationsverluste durch die Baufeldbereitung erfolgen. Baubedingte Wirkfaktoren bilden insgesamt den Schwerpunkt der im Zuge des Kanalausbaus zu erwartenden Wirkungen.
  • Anlagebedingte Wirkfaktoren sind über Neuversiegelung bspw. im Bereich neuer Wegeverbindungen oder Uferbefestigungen bzw. Entsiegelungen, Flächenverbrauch sowie eine Modifikation der Flächenverhältnisse von Land- und Wasserflächen, Veränderung des Landschaftsbildes und Verlust eines kulturhistorischen Bauwerkes sowie dem Verlust von Lebensräumen (insbes. Fledermäuse) durch den Ersatzneubau der Levensauer Hochbrücke und den Ausbau des NOK gegeben.
  • Betriebsbedingt sind bei einem Ausbau des NOK insbesondere Lärm- und Schadstoffemissionen, aber auch eine veränderte Situation von radarinduzierten Emissionen elektromagnetischer Strahlung zu nennen. Diese ergeben sich infolge der erwarteten Veränderungen von Verkehrsmengen und -abläufen auf dem NOK.

Im Ergebnis der Auswirkungsprognose werden die zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens auf die einzelnen Schutzgüter ermittelt und benannt. Das Vorliegen erheblicher Auswirkungen leitet sich dabei zum einen u.a. aus der Intensität und Dauer der Beeinträchtigung und der Größe der Eingriffsfläche und zum anderen aus der spezifischen Empfindlichkeit der betroffenen Schutzgüter ab. Indikatoren für die Empfindlichkeit sind u.a. die funktionale Bedeutung und der naturschutzfachliche Wert der beanspruchten Fläche sowie die Regenerationsfähigkeit von Lebensraumtypen, Populationen und Funktionen. Eine Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne der Eingriffsregelung ist jedoch nicht Aufgabe der UVS. Die Konkretisierung der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung mit Eingriffsbilanzierung und Erstellung eines Maßnahmenkonzepts zur Kompensation erheblicher Eingriffe erfolgt in der Landschaftspflegerischen Begleitplanung.

3) Beeinträchtigungen und Ausgleich erheblicher Umweltauswirkungen:

  • Ermitteln, Beschreiben und Bewerten der Vermeidung, der Verminderung und der Ausgleichsfähigkeit von erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt.

Unvermeidbare Beeinträchtigungen von Naturhaushalt und Landschaftsbild sind im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu kompensieren. Im Rahmen der UVS wird auf die Aspekte der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung prinzipiell eingegangen. Vorschläge für geeignete Kompensationsmaßnahmen werden formuliert. Gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 UVPG ist eine Beschreibung der Maßnahmen erforderlich, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens vermieden, vermindert, ausgeglichen oder ersetzt werden können. Die UVS gibt Hinweise auf Ausgleich und Ersatz verbleibender Beeinträchtigungen, welche dann im Rahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplans (vgl. Planunterlage 3-1 ) weiter konkretisert werden.