Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

7. Ergebnisse des Fachbeitrags Artenschutz

In den artenschutzrechtlichen Prüfungen (vgl. ARGE LEGUAN, PU, TGP 2015d, ITN 2015) wird unter Bezugnahme auf die Richtlinien-Texte (FFH-RL / VRL) und des BNatSchG vom 29.07.2009 geprüft, inwieweit durch das Vorhaben „Ersatzneubau der alten Levensauer Hochbrücke und Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals NOK-Km 93,2 – 94,2“ sowie der damit verbundenen Auswirkungen Verstöße gegen Verbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG generiert werden. Die vorliegenden Fachbeiträge zum Artenschutz (vgl. Planunterlage 4-3 , Fachbeitrag Artenschutz [ohne Fledermäuse im Brückenbauwerk, Planunterlage 4-3-1 ], Fachbeitrag Artenschutz „Fledermäuse im Brückenbauwerk“ [Planunterlage 4-3-2 ]) basieren auf den Untersuchungsergebnissen zu Fledermäusen (vgl. Planunterlage 4-4 , Spezialgutachten Fledermäuse) und den Erfassungen zu Brutvögeln, Amphibien etc., welche im Fachbeitrag Flora und Fauna dokumentiert sind (vgl. Planunterlage 4-2 ; ARGE LEGUAN, PU, TGP 2015a).

Als artenschutzrechtlich relevante Organismengruppen wurden Amphibien, Vögel und Fledermäuse identifiziert. Weitere Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sind nicht betroffen. Für sie können artenschutzrechtliche Konflikte von vorn herein ausgeschlossen werden. Durch den Ersatzneubau der Levensauer Hochbrücke wird ein international bedeutsames Winterquartier für Fledermäuse beeinträchtigt. Insgesamt kann durch Maßnahmen wie:

  • Erhalt und Optimierung des Widerlagers Süd,
  • umfangreiche Neuschaffung von Quartieren am neu zu errichtenden Widerlager Nord,
  • Bauzeitenbeschränkungen,
  • Umweltbaubegleitung

der Standort Levensauer Hochbrücke als international bedeutsames Winterquartier für die nachgewiesenen Fledermausarten erhalten werden. Der derzeit günstige Erhaltungszustand der betroffenen Arten bleibt bei vollumfänglicher Umsetzung der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sowie der FCS-Maßnahmen* am Widerlager Nord bestehen.

* FCS-Maßnahme = Artenschutzrechtliche Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands im Rahmen einer artenschutzrechtlichen Ausnahme gem. § 45 BNatSchG. FCS-Maßnahmen dienen dazu, einen günstigen Erhaltungszustand der betroffenen Arten zu bewahren.

Mit Hilfe der o.a. Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen kann eine Tötung von Fledermäusen vermieden werden. Weiterhin kann die ökologische Funktionalität der Lebensstätte im räumlichen Zusammenhang mit einer hohen Prognosesicherheit erhalten werden. Es gehen jedoch mit dem Abriss des Widerlagers Nord traditionell genutzte Quartierstrukturen und damit ein wesentlicher Teil der gegenwärtigen Fortpflanzungs- und Ruhestätte für die Zwergfledermaus, den Großen Abendsegler sowie Wasser- und Fransenfledermaus verloren. Quartiere im Nordwiderlager werden mit zeitlicher Verzögerung und in anderer Form für Zwergfledermaus, Mückenfledermaus und Großen Abendsegler wiederhergestellt, für Wasser- und Fransenfledermaus wird ein vollständiges Ausweichen auf das Widerlager Süd erforderlich. Für die vier genannten Arten wird daher vorsorglich ein artenschutzrechtliches Ausnahmeverfahren gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich.

In Bezug auf Fledermausquartiere und Jagdhabitate im Umfeld der alten Levensauer Hochbrücke sind folgende Maßnahmen erforderlich, um Verstöße gegen die Verbote des § 44 BNatSchG zu vermeiden:

  • Bauzeitenregelung (Baufeldfreimachung von Anfang Dezember bis Ende Februar) um sicherzustellen, dass in den Gehölzquartieren keine Fledermäuse angetroffen werden.
  • Keine Beleuchtung von Baustraßen, um Störungen empfindlicher Arten zu vermeiden
  • Gestaltung der Maßnahmenflächen im Umfeld des NOK mit Gehölzrandstrukturen zur Aufwertung der Lebensräume und Schaffung attraktiver Nahrungshabitate.

Als streng geschützte Amphibienarten konnten im Untersuchungsraum Moorfrosch (Rana arvalis) und Kammmolch (Triturus christatus) festgestellt werden. Die Gewässer mit Vorkommen der beiden Arten befinden sich außerhalb des Vorhabenbereiches. Es ist aber nicht auszuschließen, dass einzelne Individuen im Zusammenhang mit Wanderungen im Bereich der Baustraßen verletzt oder getötet werden. Daher sind als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme Amphibienschutzzäune vorgesehen, um den Baufeldbereich gegenüber Laichgewässern und ihrem Umfeld abzugrenzen (vgl. Kapitel 5).

Im Rahmen der faunistischen Erfassungen (vgl. Arge Leguan, PU, TGP, 2015a) wurden insgesamt 84 Brutvogelarten erfasst. Von diesen Brutvogelarten sind folgende Arten in Artikel I der VSchRL gelistet: Feldlerche (Alauda arvensis), Mittelspecht (Dendrocopos medius), Neuntöter (Lanius collurio), Rebhuhn (Perdix perdix), Rohrweihe (Circus aeruginosus), Schwarzspecht (Dryocopus martius), Sturmmöwe (Larus canus), Uhu (Bubo bubo), Wachtel (Coturnix coturnix).

Für das betroffene Artenspektrum wurden spezifische Vermeidungsmaßnahmen entwickelt, die geeignet sind, den Eintritt der Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG zu vermeiden (z.B. Baufeldräumung außerhalb der Brutperiode der Vögel (Mitte März – bis Mitte August). Für unvermeidbare Beeinträchtigungen ist die Schaf-fung von Ersatzhabitaten als artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme (im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung) vorgesehen.

Da es sich bei den betroffenen Vogelarten überwiegend um ungefährdete Arten (Ungefährdete Vogelarten mit Bindung an ältere Baumbestände, Ungefährdete Vogelarten der Gebüsche und sonstiger Gehölzstrukturen, Ungefährdete Höhlen- und Nischenbrüter an oder in Gebäuden, Ungefährdete Vogelarten der Offenländer, Röhrichte, Seggenriede und Hochstaudenfluren feuchter bis nasser Standorte, Ungefährdete Vogelarten der halboffenen Standorte bzw. Ökotone, Ungefährdete Vogelarten mit Bindung an Gewässer) mit überwiegend landesweit günstigem Erhaltungszustand handelt, ist ein zeitlicher Verzug der zu realisierenden Kompensationsmaßnahmen tolerabel (vgl. LBV-SH 2013).

Im Verlauf der Untersuchung erfolgten insgesamt 2.673 Nachweise rastender und durchziehender Vögel. Die 46 nachgewiesenen Arten erreichen dabei keine landesweite Bedeutung im Hinblick auf den Stellenwert von 2%. Die Zug- und Rastvogelvorkommen im Untersuchungsgebiet sind demzufolge nicht nach § 44 BNatSchG artenschutzrechtlich relevant.