Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

7 AUSWIRKUNGEN AUF GEPLANTE FFH-GEBIETE

Nachdem in Kapitel 6 bereits die Auswirkungen des geplanten Vorhabens und der vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen auf Lebensräume und Arten im Sinne der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie für das Untersuchungsgebiet allgemein erörtert wurden, sollen im folgenden die Auswirkungen auf die geplanten Schutzgebiete nach der FFH-Richtlinie behandelt werden.

Die Auswahl der hierbei zu betrachtenden Gebiete ist wesentlich durch den Umstand erschwert, daß die Zusammenstellung und Meldung der geeigneten Gebiete durch die zuständigen Bundesländer noch nicht abgeschlossen ist. Im Rahmen der vorliegenden Studie kann keine eigenständige Auswahl der geeigneten Gebiete durchgeführt werden. Es kann hier vielmehr nur auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen eine plausible und möglichst umfassende Auswahl der Gebiete vorgenommen werden, für die die Meldung als FFH-Gebiet vermutlich erfolgen wird. In die Betrachtung werden daher Gebiete einbezogen, die folgende Kriterien erfüllen:

  • von den Bundesländern zur Eintragung in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung nach der FFH-Richtlinie benannte Gebiete,
  • bisher nicht benannte Gebiete, für die in offiziellen Schutzgebietsverordnungen speziell auf die Eignung als FFH-Gebiet hingewiesen wird,
  • Gebiete, die nach der Beurteilung der zuständigen Fachbehörden die Kriterien zur Ausweisung als FFH-Gebiete erfüllen,
  • Prüfgebiete für den Aufbau des Programmes "Natura 2000" nach Artikel 4 der FFH-Richtlinie sowie
  • in der "Vorschlagsliste für Schutzgebiete gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union (SAC´s)" des Naturschutzbund Deutschland (NABU) aufgeführte Bereiche.

In diesem Sinne werden folgende 21 Gebiete in die Betrachtung einbezogen (vgl. Karte 3):

  • (1) Altengammer Elbwiesen
  • (2) Ilmenau-Luhe-Niederung (Osterwiesen)
  • (3) Zollenspieker
  • (4) Heuckenlock/Schweenssand
  • (5) Mühlenberger Loch, Hahnöfer Nebenelbe, Neßsand, Hanskalbsand
  • (6) Lühemündung, Lühesander Süderelbe und Elbinsel Lühesand
  • (7) Auetal
  • (8) Wedeler Marsch
  • (9) Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland
  • (10) Eschschallen im Seestermüher Vorland
  • (11) Elbinsel Pagensand
  • (12) Wasserfläche zwischen Wedel und Kollmar einschließlich Pagensander Nebenelbe mit Vordeichland nördlich der Krückaumündung
  • (13) Pinnau
  • (14) Krückau
  • (15) Vordeichland und Wasserfläche zwischen Kollmar und Hollerwettern einschließlich Rhinplatte
  • (16) Vordeichland und Wasserfläche zwischen Hollerwettern und Brunsbüttel einschließlich Vordeichland St. Margarethen
  • (17) Vordeichland und Wasserfläche bei Neufeld
  • (18) Unterelbe zwischen Barnkrug und Otterndorf
  • (19) Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
  • (20) Niedersächsisches Wattenmeer
  • (21) Hamburgisches Wattenmeer

Damit werden alle Gebiete im Untersuchungsgebiet in die Betrachtungen einbezogen, für die zum jetzigen Zeitpunkt Hinweise dafür vorliegen, daß sie in das europäische Schutzgebietssystem einbezogen werden sollen.

Für diese Gebiete wird zunächst jeweils ihre Bedeutung für die Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie (für Natura 2000) dargestellt. Da für die zu betrachtenden Gebiete keine Angaben zu den jeweiligen Erhaltungszielen vorliegen, werden diese im Rahmen der vorliegenden Studie als Arbeitshypothesen formuliert. Diese Arbeitshypothesen dienen dann als Maßstab für die Bewertung der zu erwartenden Auswirkungen. Die Grundlage zur Herleitung der jeweiligen Erhaltungsziele bildet (soweit vorhanden) der für bestehende Schutzgebiete festgelegte Schutzzweck sowie das Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten.

Anschließend werden die zu erwartenden Auswirkungen des geplanten Vorhabens und die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen dargestellt. Hierbei werden die im Rahmen der UVU prognostizierten Beeinträchtigungen der UVP-Schutzgüter zugrunde gelegt und dann die Auswirkungen auf die als Arbeitshypothesen formulierten Erhaltungsziele des jeweiligen potentiellen FFH-Gebietes bewertet (s. Kap. 7.2 ff).

 

7.1 Leitlinien zur Definition der Erheblichkeitsschwelle im Rahmen der Ver- träglichkeitsprüfung im Sinne der FFH-Richtlinie

Ziel der FFH-Richtlinie ist es, die globale Kohärenz von Natura 2000 durch die Ausweisung von besonderen Schutzgebieten in den Europäischen Mitgliedsstaaten sicherzustellen bzw. zu entwickeln. In Artikel 2, Abs. 1, heißt es dazu: " Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.

Die FFH-Richtlinie schreibt in Artikel 6, Abs. 3 und 4 für die besonderen Schutzgebiete (FFH-Gebiete und Europäische Vogelschutzgebiete) eine Verträglichkeitsprüfung für den Fall vor, daß ein geplantes Vorhaben solche Gebiete erheblich beeinträchtigen könnte:

"(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4, stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternative nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, daß die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.

Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und /oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden."

Die zentrale Fragestellung, die mit der vorliegenden Studie zu beantworten ist, ist daher die, ob das geplante Vorhaben und die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen verträglich sind. Insbesondere ist zu klären, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes im Verständnis der Richtlinie nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der FFH-Richtlinie als solches zu erwarten ist.

Inwieweit eine Auswirkung auf ein potentielles FFH-Gebiet als erhebliche Beeinträchtigung zu beurteilen ist, hängt wesentlich von dem Beurteilungsmaßstab ab. Die Definition der Erheblichkeitsschwelle ist derzeit in ihren fachlichen und juristischen Zusammenhängen noch nicht durch gerichtliche Entscheidungen abgesichert und wird deshalb hilfsweise durch eigene fachlich / juristische Interpretationen abgestützt.

Da die Erhaltungsziele der zu betrachtenden potentiellen FFH- Gebiete länderseits noch nicht definiert wurden, wird hier hilfsweise mit Arbeitshypothesen gearbeitet. Für die Ableitung derartiger Arbeitshypothesen bietet die Richtlinie -ergänzt durch die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes- zahlreiche Anhaltspunkte.

Eine wichtige Grundlage hierfür ist der Artikel 2, Abs. 2 der FFH-Richtlinie. Dort heißt es: "Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen."1

Unter dem Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums versteht die Richtlinie "die Gesamtheit" der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten in dem Gebiet auswirken können".

In Artikel 1e der FFH-Richtlinie werden dazu Wertmaßstäbe festgelegt. Der Erhaltungszustand wird als günstig angesehen,wenn

  1. sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die der Lebensraum in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen,
  2. die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiterbestehen werden und
  3. der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten im Sinne von Artikel 1i günstig ist günstig ist.

In Artikel 1i wird der "Erhaltungszustand einer Art" als Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in einem Gebiet auswirken können, definiert. Der Erhaltungszustand wird als "günstig" betrachtet, wenn (bezogen auf das jeweilige Verbreitungsgebiet)

  • aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, daß diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird und
  • das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und
  • ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

Zentraler Bezugsmaßstab des Artikels 1e und 1i ist dabei der Erhaltungszustand eines naturnahen Lebensraumes bzw. einer Art. In Verbindung mit dem Ziel, die biologische Vielfalt durch ein kohärentes europäisches Netz besonderer Schutzgebiete (Natura 2000) zu errichten, muß daraus abgeleitet werden, daß der räumliche Beurteilungsmaßstab in erster Linie auf die dauerhafte Erhaltung des Lebensraumes und einer Art gerichtet ist. Vor diesem geoökologischen Bezugsrahmen wird die Erheblichkeitsschwelle für Beeinträchtigungen bzw. deren Überschreitung folgendermaßen definiert:

 

Die Erheblichkeitsschwelle für ein Schutzgebiet i.S. der FFH-Richtlinie ist dann überschritten, wenn die Gefahr besteht, daß ein günstiger Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse nicht gewahrt werden kann, d.h., daß
  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, nicht beständig bleiben,
  • die für den langfristigen Fortbestand des natürlichen Lebensraumes notwendige Struktur und spezifischen Funktionen nicht bestehen bleiben oder in absehbarer Zukunft wahrscheinlich nicht weiter bestehen werden,
  • die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art soweit verändert wird, daß sie kein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes mehr darstellt bzw. langfristig mehr bilden kann,
  • das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art abnimmmt oder in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird,
  • ein genügend großer Lebensraum nicht mehr vorhanden ist oder wahrscheinlich nicht mehr vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

 

Im Vordergrund der Betrachtung steht daher die langfristige Entwicklungsmöglichkeit hinsichtlich der wertbestimmenden Arten und Lebensräume im Schutzgebiet, um diese Arten und Lebensräume langfristig entsprechend dem Ziel der Richtlinie zu erhalten.

Vor dem Hintergrund des natürlichen Verbreitungsgebietes und der räumlichen Größe und ökologischen Ausstattung der Schutzgebiete als Beurteilungsmaßstab ist die Frage der Auswirkungen von Plänen und Projekten und die Definition der Erheblichkeit von Auswirkungen jeweils auf den Einzelfall bezogen zu treffen. Die Beurteilung, wann eine Beeinträchtigung erheblich ist, erfolgt für jedes Schutzgebiet im einzelnen.

In diesem Zusammenhang sind für die Beurteilung möglicher Beeinträchtigungen hinsichtlich ihrer Erheblichkeit für das von der Maßnahme betroffene potentielle FFH-Gebiet folgende Fragen im Sinne eines Prüfrasters vordringlich zu klären:

  1. Welcher Schutzzweck bzw. welche Erhaltungsziele sind für diese Gebiete anzunehmen?
  1. Welche Bestandteile des Gebietes sind für die Erhaltungsziele oder Schutzzweck maßgeblich?
  1. Welche Beeinträchtigungen folgen aus dem Vorhaben ?
  1. Ist das Vorhaben mit den Erhaltungszielen dieser Gebiete verträglich oder werden die Erhaltungsziele durch das Vorhaben beeinträchtigt? - Das heißt aus der ökologischen Betrachtungsposition:

    - Wird die Struktur und Funktion der natürlichen Lebensraumtypen nachhaltig und damit erheblich beeinträchtigt?

    - Wie ist der Zustand der für die betreffende Art wichtigen Habitatelemente und deren Wiederherstellungsmöglichkeit zu beurteilen?

  2. Werden die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes von der Maßnahme so erheblich betroffen sein, daß ein günstiger Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse nicht gewahrt werden kann ?

Für die Ableitung eines praktisch handhabbaren Beurteilungsmaßstabes ist es neben der Betrachtung des einzelnen FFH-Gebietes auch notwendig, die Schutzgebiete im natürlichen Verbreitungsgebiet des Tideästuars der Unter- und Außenelbe zu betrachten und davon ausgehend den jeweiligen Lebensraum bzw. die Art zu beurteilen. Das Schutzgebiet darf dabei nicht isoliert betrachtet werden, da nach Art. 4 Abs. 4 FFH-Richtlinie dabei gerade die Kohärenz des Netzes vergleichbarer Lebensräume sowie des Netzes Natura 2000 zu beachten ist (vgl. auch Art. 3 FFH-Richtlinie).

Dabei ist zu beurteilen, inwieweit die Kohärenz der vorhandenen Lebensraumtypen und Arten gemäß den Anlagen I und II der FFH-Richtlinie in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet innerhalb des Ökosystems der Unter- und Außenelbe langfristig beständig bleibt (vgl. Abb. 7)2.

Abb. 7: Prinzipskizze zur Darstellung des natürlichen Verbreitungsgebietes des Tide-Weidenauwaldes sowie des aktuellen Vorkommens an der Unter- und Außenelbe

Für die Bewertung der Auswirkungen der Maßnahme folgt daher, daß keine erhebliche Beeinträchtigung besteht, wenn in einem Schutzgebiet im Sinne der FFH-Richtlinie bezogen auf das Verbreitungsgebiet der maßgeblichen Arten und Lebensräume der Fortbestand dergestalt sichergestellt ist, daß der Erhaltungszustand langfristig als günstig eingestuft werden kann.

Vor dem Hintergrund dieser Interpretationen und aufbauend auf den Ausführungen in Kapitel 4.3 zur Notwendigkeit der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung werden zur Bestimmung der Erheblichkeitsschwellen der Auswirkungen auf die einzelnen potentiellen FFH-Gebiete folgende Bewertungskategorien definiert:

  • Kategorie 1: Keine bzw. sehr geringe Beeinträchtigung
  • Kategorie 2: Geringe Beeinträchtigung
  • Kategorie 3: Erhebliche Beeinträchtigung

Maßnahmebedingte Beeinträchtigungen der Kategorie 1 und 2 werden als nicht erheblich im Sinne der FFH-Richtlinie (Art. 6) angesehen.

Bewertungsrahmen:

Kategorie 1 - Keine bzw. sehr geringe Beinträchtigung

Keine bzw. eine sehr geringe Beeinträchtigung besteht, wenn das Schutzgebiet durch die Maßnahme nicht beeinträchtigt wird, d.h.

  • wenn das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichem Verbreitungsgebiet einnimmt, beständig bleiben.
  • wenn die für den langfristigen Fortbestand des natürlichen Lebensraumes notwendige Struktur und spezifische Funktionen bestehen bleiben.
  • wenn sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.
  • prioritäre Arten und Lebensräume (gem. Anhang I und II der FFH-Richtlinie) durch die Maßnahme nicht betroffen sind.

Kategorie 2 - Geringe Beeinträchtigung

Eine geringe Beeinträchtigung besteht , wenn das Schutzgebiet durch die Maßnahme nur in geringem Maße beeinträchtigt wird, d.h.

  • wenn das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichem Verbreitungsgebiet einnimmt, weiterhin beständig bleiben, sich allerdings die Verteilung der Lebensraumtypen geringfügig ändert (<5 %) (Flächenabnahme bzw. -zunahme einzelner Lebensraumtypen).
  • wenn die für den langfristigen Fortbestand des natürlichen Lebensraumes notwendige Struktur und spezifische Funktionen weitgehend bestehen bleiben, so daß auch langfristig die wertbestimmenden Merkmale vorhanden sind.
  • wenn sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.
  • prioritäre Arten und Lebensräume (gem. Anhang I und II der FFH-Richtlinie) durch die Maßnahme nicht oder nur vorübergehend betroffen sind.

Kategorie 3 - Erhebliche Beeinträchtigung

Eine erhebliche Beeinträchtigung besteht, wenn das Schutzgebiet durch die Maßnahme erheblich und nachhaltig beinträchtigt wird, d.h.

  • wenn das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichem Verbreitungsgebiet einnimmt, nicht beständig bleiben (Flächenabnahme > 5%).
  • wenn die für den langfristigen Fortbestand des natürlichen Lebensraumes notwendige Struktur und spezifische Funktionen nachhaltig betroffen sind und somit nicht bestehen bleiben.
  • wenn sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art so verändert, daß sie kein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes mehr darstellt bzw. langfristig bilden kann, daß weiterhin das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art abnimmt und daß kein genügend großer Lebensraum vorhanden ist, um langfristig ein Überleben der Population dieser Art zu sichern.
  • prioritäre Arten und Lebensräume (gem. Anhang I und II der FFH-Richtlinie) durch

die Maßnahme nachhaltig betroffen sind.

Das nachfolgende Prinzipschema zur Ermittlung der Erheblichkeit im Sinne der FFH-Richtlinie veranschaulicht den gewählten Beurteilungsmaßstab (vgl. Abb. 8).

Abb. 8: Prinzipschema zur Verdeutlichung des gewählten Beurteilungsmaßstabes

7.2 Altengammer Elbwiesen

Die Altengammer Elbwiesen liegen am nördlichen Elbufer, ca. 4 km unterhalb des Wehrs Geesthacht vor dem Deich. Das Gebiet ist Bestandteil des Landschaftsschutzgebietes, das mit der Verordnung zum Schutz von Landschaftsbestandteilen in der Gemarkung Altengamme (vom 19. April 1977) ausgewiesen wurde. Ein Schutzzweck wurde in der Verordnung nicht angegeben. Das Gebiet ist laut Landschaftsprogramm-Entwurf zur Ausweisung als NSG vorgesehen. Die Koalitionsvereinbarung der derzeit in Hamburg regierenden Parteien sieht vor, nach Ausweisung des geplanten NSG Borghorster Dünen/Elbwiesen in diesem Zusammenhang auch für die Altengammer Elbwiesen die Anmeldung als Besonderes Schutzgebiet (Special Area of Conservation - SAC) nach der FFH-Richtlinie zu prüfen.

 

7.2.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

Die Altengammer Elbwiesen werden überwiegend durch verschiedene Grünlandbiotoptypen geprägt. Röhricht tritt nur in sehr geringem Umfang auf. Dem westlichen Uferbereich sind besonders im westlichen Teil Wattflächen vorgelagert. Insgesamt verfügt das Gebiet nur über relativ wenige naturnahe Biotoptypen wie Röhricht, Wattflächen und Auengehölze, die dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzurechnen sind. Aufgrund eines ausgeprägten Reliefs verfügt das Gebiet jedoch über eine hohe Strukturvielfalt, die gute Entwicklungsmöglichkeiten für eine Ausdehnung naturnaher Biotope bietet. Trotz der relativ intensiven Nutzung weist das Gebiet noch einige gefährdete typische Stromtalpflanzen wie z.B. Feld-Mannstreu, Filzige Pestwurz und Schwanenblume auf. Das Gebiet verfügt mit dem Altarm "Schlinz" über das Entwicklungspotential als Lebensraum für den Schierlings-Wasserfenchel.

In diesem potentiellen FFH-Gebiet kommen insgesamt sechs der zu betrachtenden Fisch- und Rundmaularten vor (vgl. Tab. 6). Es handelt sich um die Finte, das Fluß- und Meerneunauge, den Rapfen, den Schlammpeitzger und den Steinbeißer. Für diese Arten zusammengenommen betrachtet, erfüllt das Gebiet 15 ökologische Funktionen (vgl. Kap. 6). Es ist als Rückzugsgebiet für alle sechs Arten zu bewerten. Für das Fluß- und Meerneunauge ist es außerdem als Wandergebiet anzusehen, ebenfalls für die Finte. Durch Nachweise juveniler Individuen sind insbesondere die Uferbereiche der Elbe mit ihren Altgewässern als Aufwuchsgebiete von Finte und Rapfen ausgewiesen (THIEL & BOS 1998). Die Bedeutung für den Rapfen besteht außerdem in der Existenz von Laichstellen und in der Funktion als Nahrungsgebiet. Für Schlammpeitzger und Steinbeißer ist dieses potentielle FFH-Gebiet auch als Nahrungshabitat anzusehen.

Bei der fischökologischen Gesamteinschätzung dieses Gebietes muß berücksichtigt werden, daß das binnendeichs in den Vier- und Marschlanden gelegene Gewässersystem der Dove- und Gose-Elbe als wichtiges Laich- und Aufwuchsgebiet des Steinbeißers ausgewiesen ist (DIERCKING & KÄMMEREIT 1990) und das damit in Verbindung stehende Grabensystem im NSG Kirchwerder Wiesen bedeutende Vorkommen des Schlammpeitzgers aufweist (SCHUBERT & BECKEDORF 1995). Die Sicherung der im Oberlauf der Dove-Elbe und im Gose-Elbe-Graben vorhandenen Steinbeißervorkommen waren der wesentliche Gesichtspunkt für die Ausweisung als Fischereischongebiet. Erwähnenswert ist auch das Vorkommen des Bitterlings in der Gose-Elbe. Nach DIERCKING & KÄMMEREIT (1990) erfolgt ein Fischaustausch zwischen dem Gewässersystem der Dove-Gose-Elbe mit der Elbe u.a. über das Schöpfwerk Kiebitzbrack, das sich unmittelbar unterhalb des geplanten FFH-Gebiets "Altengammer Elbwiesen" befindet3.

Tab. 6: Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäe Arten) im Gebiet 1 -Altengammer Elbwiesen- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten - Daten nach ARGE ELBE (1984), ARGE ELBE (1995), BECKEDORF & SCHUBERT (1995), DIERCKING & KÄMMEREIT (1990), DIERCKING & WEHRMANN (1991), IKSE (1996), PETERMEIER et al. (1994), SCHUBERT & BECKEDORF (1995) THIEL & BOS (1998).

Nr. Fischart Präsenz Ökologische Funktion
      Laich-
gebiet
Aufwuchs-
gebiet
Nahrungs-
gebiet
Wander-
gebiet
Rückzugs-
gebiet
01 Bachneunauge            
02 Bitterling            
03 Finte X   X   X X
04 Flußneunauge X       X X
05 Meerneunauge X       X X
06 Rapfen X X X X   X
07 Schlammpeitzger X     X   X
08 Steinbeißer X     X   X
  Summe 6 1 2 3 3 6

Aus dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

  • Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Lebensgemeinschaften mit den zugehörigen typischen Tier- und Pflanzenarten.

 

Abb. 9: Biotopstrukturen im Gebiet Altengammer Elbwiesen (vgl. Legende im Anhang)

7.2.2 Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich der Altengammer Elbwiesen in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei den dargestellten Beeinträchtigungen handelt es sich um indirekte Wirkungen, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik zurückzuführen sind. Die Beurteilung der Auswirkungen erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwasserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen sind folgende Auswirkungen für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  1. Erhöhung des Tidehochwassers
  2. Absinken des Tideniedrigwassers

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S.165) zu klären, ob die dargestellten Auswirkungen die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigen, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit ggf. eine "erhebliche" Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale der Altengammer Elbwiesen bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • die hohe Strukturvielfalt,
  • das Vorkommen verschiedener Grünlandbiotoptypen,
  • das Vorkommen von gefährdeten typischen Stromtalpflanzen sowie
  • die ökologische Bedeutung für die Fischfauna.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die hydronumerische Modellierung ergab für diesen Bereich eine ausbaubedingte Erhöhung des Tidehochwassers (Thw), die zwischen 3 und 4 cm liegt. Die Erhöhung des Tidehochwassers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht). Diese in der UVU prognostizierten Biotopflächenverluste sind insgesamt sehr gering (ca. 0,03 ha), da betroffene Biotoptypen in diesem Gebiet kaum vorkommen.

Als Folge der zu erwartenden Thw-Erhöhungen ist auch ein Verlust von ca. 0,006 ha Flußwattröhricht (FWR) im Gebiet der Altengammer Elbwiesen prognostiziert worden, der jedoch als nicht erheblich beurteilt wird, da der Lebensraumtyp "Ästuarien" aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope zueinander beständig bleibt.

Die Qualität als Laichgebiet für den Rapfen wird ebenfalls durch den Verlust nicht eingeschränkt, da er als lithophiler Laicher sandige und kiesige Substrate zur Laichablage nutzt. Durch den Verlust von Röhrichtpflanzen kann es für eine Übergangszeit (bis zur Einstellung eines neuen Gleichgewichtes) in geringem Umfang zu einem Verlust an Aufwuchs- und Nahrungsplätzen für die Finte, den Rapfen, den Steinbeißer und den Schlammpeitzger kommen, der jedoch aufgrund der Großräumigkeit des Lebensraumes und der Strukturvielfalt des Gebietes als nicht erheblich eingestuft wird.

Die hier dargestellten Auswirkungen bzw. möglichen Beeinträchtigungen durch die geplante Maßnahme werden nicht zu einer Beeinträchtigung der wertbestimmenden Merkmale des potentiellen Schutzgebietes führen.

Absinken des Tideniedrigwassers

Die Auswirkung ist nur für die Fischfauna relevant. Die anderen oben angesprochenen wertbestimmenden Merkmale werden durch die Tnw-Absenkungen nicht betroffen.

Durch die prognostizierten Tnw-Absenkungen von bis zu 6,5 cm kann es zum Trockenfallen flacher Laichbänke des Rapfens kommen, was eine erhöhte Eimortalität zur Folge haben kann. Durch die Tnw-Absenkungen kann es ebenfalls tendenziell zu Verkleinerungen der Flachwasserbereiche bei gleichzeitiger Vergrößerung der Watten kommen, wodurch die als Aufwuchs- (Finte, Rapfen), Nahrungs- (Rapfen, Schlammpeitzger, Steinbeißer), Wander- (Finte, Fluß- und Meerneunauge) und Rückzugsgebiet (alle nachgewiesenen Arten) relevante Fläche reduziert würde. Diese möglichen Beeinträchtigungen werden jedoch als unerheblich eingestuft.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Altengammer Elbwiesen" kommt es durch eine sehr geringe Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände zu geringen Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps "Ästuarien" und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie.

Von den Auswirkungen sind keine prioritären Lebensraumtypen und Arten betroffen.

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist von einer sehr geringen Beeinträchtigung (Kategorie 1) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, beständig bleiben,
  • die für den langfristigen Fortbestand des natürlichen Lebensraumes notwendige Struktur und spezifische Funktionen bestehen bleiben und
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

7.3 Ilmenau-Luhe-Niederung

Das Gebiet umfaßt den Mündungsbereich der Ilmenau in die obere Tideelbe einschließlich des Mündungsbereiches der Luhe in die Ilmenau. Der größte Teil des hier zu betrachtenden Gebietes ist durch das Ilmenausperrwerk dem Einfluß der Sturmfluten entzogen.

Die Ilmenau-Luhe-Niederung ist unter der Flurbezeichnung 'Osterwiesen' in Teilen bestehendes Europäisches Vogelschutzgebiet (vgl. Kap. 5). In der "Vorschlagsliste für Schutzgebiete gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union (SAC´s)" des Naturschutzbund Deutschland (NABU) wird das Gebiet unter der hier verwendeten Bezeichnung Ilmenau-Luhe-Niederung aufgeführt. Die hier zugrundegelegte Abgrenzung des Gebietes wurde der Karte "Gebiete des Europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000" (FFH-Richtlinie der EU (92/43/EWG) - Entwurf September 1996 des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (NLÖ)) entnommen. Für das Gebiet ist darüber hinaus die Ausweisung als Naturschutzgebiet "Ilmenau-Luhe-Niederung" geplant (vgl. MATERIALBAND XV).

 

7.3.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

Das Gebiet wird durch ausgedehnte und kaum gestörte Röhrichtflächen geprägt, die zusammen mit den Auengehölzen und Gewässern dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzurechnen sind. Hervorzuheben ist auch das Vorkommen der Brenndolde am westlichen Rand ihres Verbreitungsareals. Das als Biotoptyp GFB (Wechselfeuchte Brenndolden-Wiese) kartierte Grünland ist dem Lebensraumtyp "Brenndolden-Auenwiesen (Cnidion dubii)" zuzuordnen (vgl. Kap. 6). Das Gebiet weist Weidenauwaldbiotope mit einer Fläche von ca. 0,7 ha auf, die hinter dem Sturmflutsperrwerk liegen. Diese Flächen sind dem als prioritär eingestuften Lebensraumtyp "Auenwälder ..." zuzurechnen. Die Kartierung gefährdeter Pflanzenarten ergab eine Konzentration von Arten hoher Gefährdungsgrade in diesem Gebiet. Derzeit bestehen aufgrund der sehr starken Uferbefestigungen keine Entwicklungsmöglichkeiten für den Schierlings-Wasserfenchel.

Bis auf das Bachneunauge und den Bitterling sind in diesem Gebiet alle zu betrachtenden Arten nachweisbar (vgl. Tab. 7). Neben der Funktion als Rückzugsgebiet für alle Arten, hat das Gebiet Bedeutung als Wandergebiet für Finte, Flußneunauge und Meerneunauge sowie als Aufwuchsgebiet für Finte, Rapfen und Schlammpeitzger. Für die beiden letztgenannten Arten ist es außerdem als Laich- und Nahrungsgebiet zu betrachten. Das eigentliche Verbreitungsgebiet des Steinbeißers befindet sich in weiter stromauf gelegenen Bereichen. Zusammengefaßt erfüllt das Gebiet 16 ökologische Funktionen (vgl. Kap. 6) für die relevanten Arten4.

Tab. 7: Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäre Arten) im Gebiet 2 -Ilmenau-Luhe-Niederung- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten - Daten nach ARGE ELBE (1984), ARGE ELBE (1995), BECKEDORF & SCHUBERT (1995), DIERCKING & WEHRMANN (1991), GAUMERT & KÄMMEREIT (1993), IKSE (1996), MEYER et al. (1998), PETERMEIER et al. (1994), THIEL & BOS (1998)

Nr. Fischart Präsenz Ökologische Funktion
Laich-
gebiet
Aufwuchs-
gebiet
Nahrungs-
gebiet
Wander-
gebiet
Rückzugs-
gebiet
01 Bachneunauge            
02 Bitterling            
03 Finte X   X   X X
04 Flußneunauge X       X X
05 Meerneunauge X       X X
06 Rapfen X X X X   X
07 Schlammpeitzger X X X X   X
08 Steinbeißer X         X
  Summe 6 2 3 2 3 6

 

Aus dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Lebensgemeinschaften mit den zugehörigen typischen Tier- und Pflanzenarten.

Abb. 10: Biotopstrukturen im Bereich der Ilmenau-Luhe-Mündung (vgl. Legende im Anhang)

 

7.3.2 Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich der Ilmenau-Luhe-Mündung in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei den dargestellten Beeinträchtigungen handelt es sich um indirekte Wirkungen, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik zurückzuführen sind. Die Beurteilung der Auswirkungen erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwasserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen sind folgende Auswirkungen für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  • Erhöhung des Tidehochwassers
  • Absinken des Tideniedrigwassers.

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S. 165) zu klären, ob die dargestellten Auswirkungen die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigen, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit ggf. eine "erhebliche"Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale im Bereich der Ilmenau-Luhe-Mündung bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • das Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps "Auwälder ...",
  • das Vorkommen ausgedehnter Röhrichtflächen,
  • das Vorkommen von zahlreichen gefährdeten Pflanzenarten sowie
  • die ökologische Bedeutung für die Fischfauna.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die hydronumerische Modellierung ergab für das Gebiet eine ausbaubedingte Erhöhung des Thw, die zwischen 3 und 4 cm liegt. Die Erhöhung des Tidehochwasers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht).

In der UVU ist ein Biotopflächenverlust von insgesamt ca. 6,9 ha prognostiziert worden. Hiervon betroffen ist der Lebensraumtyp "Ästuarien" und als Teil davon in sehr geringem Maße (ca. 0,04 ha) auch der als prioritär eingestufte Lebensraumtyp "Auwälder ...". Nach dem in der UVU angewandten Abschätzverfahren entspricht dies einem Biotopflächenverlust von etwa 5% der durch den MThw-Anstieg betroffenen Biotope. Diese Auswirkung wird in der vorliegenden Studie als nur geringe Beeinträchtigung beurteilt, da das natürliche Verbreitungsgebiet und der Lebensraumtyp "Ästuarien" aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope (< 5%) zueinander langfristig beständig bleiben.

Die übrigen wertbestimmenden Merkmale des Schutzgebietes werden durch die dargestellten Auswirkungen nicht beeinträchtigt.

Absinken des Tideniedrigwassers

Die ausbaubedingten Tnw-Absenkungen betragen in diesem Bereich etwa 3 cm. Die Auswirkungen sind nur für die Fischfauna relevant. Die anderen oben angesprochenen wertbestimmenden Merkmale werden durch die Tnw-Absenkungen nicht betroffen.

Die Ilmenau-Luhe-Niederung erfüllt als einziges der hier zu betrachtenden Gebiete für den Schlammpeitzger die Funktion als Laichgebiet. Zwar wurde für sie kein Verlust von Fluß-wattröhricht prognostiziert, trotzdem muß hier von einer Beeinträchtigung des Reproduktionserfolges des an Wasserpflanzen laichenden Schlammpeitzgers ausgegangen werden, da durch die laut UVU sich erhöhende Differenz zwischen Thw (+4 cm) und Tnw (-3 cm) das Risiko der Laichvertrocknung steigt. Das gleiche Risiko besteht auch für die Laichablagen des Rapfens auf flachen Kies- oder Sandbänken. Darüber hinaus kann es tendenziell zu Verkleinerungen der Flachwasserbereiche bei gleichzeitiger Vergrößerung der Watten kommen, wodurch die als Aufwuchs-, Nahrungs-, Wander- und Rückzugsgebiet relevante Fläche reduziert würde. Beide Beeinträchtigungsrisiken werden jedoch als unerheblich eingestuft.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Ilmenau-Luhe-Niederung" kommt es durch die Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände zu Beeinträchtigungen der Lebensraumtypen "Ästuarien" und "Auenwälder ..." und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie.

Von den Auswirkungen ist auch der prioritäre Lebensraumtyp "Auenwälder..." betroffen.

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist insgesamt von einer geringen Beeinträchtigung (Kategorie 2) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, weiterhin beständig bleiben, sich allerdings die Verteilung der Lebensraumtypen geringfügig ändert (< 5%),
  • die für den langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen weitgehend bestehen bleiben, so daß auch langfristig die wertbestimmenden Merkmale vorhanden sind,
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

7.4 Zollenspieker

Das hier zu betrachtende Gebiet liegt am nördlichen Ufer der oberen Tideelbe gegenüber der Ilmenaumündung. Es wurde mit Verordnung vom 26. April 1988 als Naturschutzgebiet (NSG) ausgewiesen. Das Naturschutzgebiet umfaßt allerdings auch die außerhalb des Tideeinflusses liegenden Bereiche des Carlsbracks, des Riepenburger Bracks und des Riepenburger Vogelschutzgehölzes, die hier nicht mit betrachtet werden, da sie außerhalb des Untersuchungsgebietes liegen und nicht von Auswirkungen des geplanten Vorhabens betroffen sind. Als Schutzzweck wird in der Verordnung die Erhaltung der seltenen tidebeeinflußten Vorlandflächen mit ihren tideabhängigen Tier- und Pflanzenarten angegeben. Die Koalitionsvereinbarung der derzeit in Hamburg regierenden Parteien sieht vor, das Gebiet nach Abstimmung zwischen den Behörden als Besonderes Schutzgebiet (SAC) nach der FFH-Richtlinie anzumelden.

7.4.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

Das Gebiet wird von ausgedehnten naturnahen und kaum gestörten Röhrichtflächen geprägt, die durch mehrere Priele und eine buchtenreiche Uferlinie stark gegliedert sind. Zur Deichlinie hin schließen sich Grünlandflächen an das Röhricht an, während sich in den Buhnenfeldern zur Elbe hin großflächig Wattflächen ausgebildet haben. Außerdem sind an mehreren Stellen Auengehölze inselartig eingestreut. Damit kann das Gebiet insgesamt dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zugeordnet werden.

Das Gebiet weist am Rande des großen Priels einen Standort der prioritären Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel5 und Weidenauwaldflächen (ca. 2,4 ha) auf, die dem prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae)" zuzurechnen sind (vgl. Kap. 6).

Von den zu betrachtenden Arten kommen Bitterling, Finte, Fluß- und Meerneunauge, Rapfen, Schlammpeitzger und Steinbeißer im geplanten FFH-Gebiet "Zollenspieker" vor, für das insgesamt 17 ökologische Funktionen nachweisbar sind (vgl. Tab. 8). Als Laichgebiet ist dieser Bereich für den Rapfen von Bedeutung, für alle genannten Arten erfüllt er die Funktion eines Rückzugsgebietes. Für Bitterling, Rapfen, Schlammpeitzger und Steinbeißer ist das NSG Zollenspieker als Nahrungsgebiet, für Finte, Fluß- und Meerneunauge als Wandergebiet zu betrachten. Des weiteren ist es ein wichtiges Aufwuchsgebiet des Rapfens, aber auch der Finte. THIEL & BOS (1998) ermittelten hier im Zeitraum von 1996 bis 1997 Abundanzen juveniler Rapfen der Altersgruppe 0 von bis zu 377 Ind./ha. Die maximalen Abundanzen von 0-Gruppen Finten lagen bei 88 Ind./ha. Die Artnachweise von Bitterling, Schlammpeitzger und Steinbeißer sind möglicherweise auf abgewanderte Individuen aus dem Gewässersystem der Dove-Gose-Elbe über das Schöpfwerk Kiebitzbrack (unmittelbar oberhalb von Zollenspieker) zurückzuführen (vgl. DIERCKING & KÄMMEREIT 1990). Diese Individuen nutzen den Bereich "Zollenspieker" vor allem als Rückzugsgebiet.

Tab. 8: Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäre Arten) im Gebiet 3 - Zollenspieker- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten - Daten nach ARGE ELBE (1984), ARGE ELBE (1995), BECKEDORF & SCHUBERT (1995), DIERCKING & KÄMMEREIT (1990), DIERCKING & WEHRMANN (1991), IKSE (1996), PETERMEIER et al. (1994), THIEL & BOS (1998).

Nr. Fischart Präsenz Ökologische Funktion
      Laich-
gebiet
Aufwuchs-
gebiet
Nahrungs-
gebiet
Wander-
gebiet
Rückzugs-
gebiet
01 Bachneunauge            
02 Bitterling X     X   X
03 Finte X   X   X X
04 Flußneunauge X       X X
05 Meerneunauge X       X X
06 Rapfen X X X X X  
07 Schlammpeitzger X     X   X
08 Steinbeißer X     X   X
  Summe 7 1 2 4 3 7

In diesem Gebiet sind aktuelle (seit 1995) Fänge von juvenilen Individuen des als prioritäre Art eingestuften Nordseeschnäpels belegt (THIEL, unveröffentlicht)6.

Aus dem festgelegten Schutzzweck des bestehenden NSG sowie dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

Erhaltung und Entwicklung der seltenen tidebeeinflußten Vorlandflächen mit ihren tideabhängigen Tier- und Pflanzenarten. Insbesondere dient der Schutz des Gebietes der Erhaltung und Wiederherstellung günstiger Lebensbedingungen für die gemäß FFH-Richtlinie als prioritär eingestuften Weidenauwälder (Lebensraumtyp "Auenwälder ..."), den Schierlings-Wasserfenchel sowie den Nordseeschnäpel.

Abb. 11: Biotopstrukturen im Bereich Zollenspieker (vgl. Legende im Anhang)

7.4.2 Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich Zollenspieker in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei den dargestellten Beeinträchtigungen handelt es sich um indirekte Wirkungen, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik zurückzuführen sind. Die Beurteilung der Auswirkungen erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwasserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen sind folgende Auswirkungen für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  • Erhöhung des Tidehochwassers und
  • Absinken des Tideniedrigwassers.

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S. 165) zu klären, ob die dargestellten Auswirkungen die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigen, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit eine Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale für den Bereich Zollenspieker bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • das Vorhandensein der Tidedynamik,
  • die hohe Strukturvielfalt,
  • das Vorkommen von ausgedehnten Röhrichtflächen,
  • das Vorkommen des prioritären Lebensraumtyp "Auwälder ..." sowie
  • die ökologische Bedeutung für die Fischfauna.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die hydronumerische Modellierung ergab für das Gebiet eine ausbaubedingte Erhöhung des Thw, die zwischen 3 und 4 cm liegt. Die Erhöhung des Tidehochwassers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht). In der UVU wurden für den Bereich Zollenspieker Biotopflächenverluste von insgesamt ca. 0,8 ha prognostiziert. Die betroffenen Biotoptypen sind alle dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzuordnen. In geringem Maße (ca. 0,1 ha) sind auch Weidenauwaldbiotope betroffen, die dem prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder ..." zuzuordnen sind.

Die dargestellten Auswirkungen werden nur als geringe Beeinträchtigung beurteilt, da das natürliche Verbreitungsgebiet und die betroffenen Lebensraumtypen aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope (< 5%) zueinander langfristig beständig bleiben. Ebenso bleibt auch zukünftig die Tidedynamik erhalten, und auch das Vorkommen der Süßwasserwatten und Priele ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen langfristig gewährleistet. Die übrigen wertbestimmenden Merkmale des Schutzgebietes werden durch die dargestellten Auswirkungen ebenfalls nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt.

Absinken des Tideniedrigwassers

Die Auswirkung ist nur für die Fischfauna relevant. Die anderen oben angesprochenen wertbestimmenden Merkmale werden duch die Tnw-Absenkungen nicht betroffen. Insgesamt liegen die ausbaubedingten Tnw-Absenkungen etwa bei 5-6 cm.

Sofern der lithophile Rapfen auf flachen Kies- oder Sandbänken ablaicht, kann der Laich durch die Tnw-Absenkungen trockenfallen, was eine erhöhte Eimortalität zur Folge hätte. Des weiteren kann es tendenziell zu Verkleinerungen der Flachwasserbereiche bei gleichzeitiger Vergrößerung der Watten kommen, wodurch die als Aufwuchs-, Nahrungs-, Wander- und Rückzugsgebiet relevante Fläche reduziert würde. Diese möglichen Beeinträchtigungsrisiken werden als unerheblich eingestuft. Veränderungen in den Strömungsverhältnissen sind für dieses Gebiet nicht prognostiziert.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Zollenspieker" kommt es durch die Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände zu Beeinträchtigungen der Lebensraumtypen"Ästuarien" und "Auenwälder ..." und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie.

Von den Auswirkungen ist auch der prioritäre Lebensraumtyp "Auenwälder..." betroffen.

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist insgesamt von einer geringen Beeinträchtigung (Kategorie 2) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, weiterhin beständig bleiben, sich allerdings die Verteilung der Lebensraumtypen geringfügig ändert (< 5%),
  • die für den langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen weitgehend bestehen bleiben, so daß auch langfristig die wertbestimmenden Merkmale vorhanden sind,
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

 

7.5 Heuckenlock/Schweenssand

Betrachtet wird hier der Bereich der beiden Naturschutzgebiete Heuckenlock und Schweenssand sowie die dazwischen liegende Wasserfläche der Süderelbe.

Das Heuckenlock wurde mit Verordnung vom 19. Juli 1977 als NSG ausgewiesen. Ein Schutzzweck wird in der Verordnung nicht benannt. Das gegenüber am südlichen Ufer der Süderelbe liegende Schweenssand wurde mit Verordnung vom 31. August 1993 als NSG ausgewiesen. Als Schutzzweck wurde vereinfacht ausgedrückt, die Erhaltung und Entwicklung der Funktionsfähigkeit der natürlichen Dynamik des Elbestromes sowie die Erhaltung und Entwicklung aller von dieser Dynamik abhängigen, weltweit einmaligen Lebensgemeinschaften und nur in den Süßwasserwatten der Elbe vorkommenden Pflanzengruppen angegeben. Als besonders vom Schutzzweck erfaßt werden folgende Arten und Lebensräume aufgeführt: Die Süßwasserwatten mit Prielen, Sand- und Schlickwatt, die Tideröhrichte, bestehend aus Simsen-, Rohrkolben- und Schilfröhricht oder Seggenrieden mit Hochstaudenfluren, die überschwemmten Weiden-Aue-Gebüsche und die Pappel-Weichholzauwälder mit dem Vorkommen der gefährdeten Beutelmeise, die ausschließlich im Süßwasser-Tidebereich entstandenen und sich hier weiter entwickelnden Arten und Sippen, wie die Wibel-Schmiele oder der Schierlings-Wasserfenchel. Die zwischen den beiden Naturschutzgebieten liegende Wasserfläche der Süderelbe gehört teilweise zu einem Landschaftsschutzgebiet (LSG), das mit Verordnung (vom 22. Oktober 1957) zum Schutz von Landschaftsteilen in der Gemarkung Neuland ausgewiesen wurde. Ein Schutzzweck wurde hierbei nicht benannt. Laut Koalitionsvereinbarung der derzeit in Hamburg regierenden Parteien soll das Gebiet nach Abstimmung zwischen den Behörden als Besonderes Schutzgebiet (SAC) nach der FFH-Richtlinie angemeldet werden.

 

7.5.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten gemäß Anhang I und II der FFH- Richtlinie

Das Gebiet weist zahlreiche, teils sehr wertvolle Lebensräume auf. Es wird geprägt durch großflächige Röhrichtflächen die von zahlreichen naturnahen Prielen durchzogen werden und in die auf höhergelegenen Bereichen Weidenauwälder und Weidenauengebüsche inselartig eingestreut sind. Hervorzuheben ist dabei insbesondere die naturnahe Strukturierung und Zonierung des Gebietes. Es kann insgesamt dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zugerechnet werden. Der große Anteil von Weidenauwaldflächen (ca. 17,9 ha im Heuckenlock und ca. 8,6 ha in Schweenssand) ist dem prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder ..." zuzurechnen. Das Gebiet weist sowohl im Heuckenlock als auch auf Schweenssand Vorkommen des als prioritär eingestuften Schierlings-Wasserfenchels auf.

In diesem Gebiet kommen insgesamt sechs der zu betrachtenden Fisch-Arten vor: Finte, Fluß- und Meerneunauge, Rapfen, Schlammpeitzger und Steinbeißer (vgl. Tab. 9). Das im Elbuferbereich gelegene FWR (Flußwatt-Röhricht) mit seinen Seitenbuchten und Schlenzen fungiert als wichtiges Rückzugsgebiet für alle Arten. Dieses geplante FFH-Gebiet ist als Wandergebiet von Fluß- und Meerneunauge anzusehen sowie von Bedeutung als Wandergebiet und Aufwuchshabitat für die Finte. Desweiteren ist die Funktion des Gebietes als Laich-, Aufwuchs-, Nahrungs- und Rückzugshabitat für den Rapfen hervorzuheben. Insgesamt sind 13 ökologische Funktionen im Gebiet nachweisbar (vgl. Kap. 6).

Tab. 9: Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäre Arten) im Gebiet 4 -Heuckenlock, Schweenssand- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten - Daten nach ARGE ELBE (1984), ARGE ELBE (1995), DIERCKING & WEHRMANN (1991), GAUMERT & KÄMMEREIT (1993), IKSE (1996), PETERMEIER et al. (1994), SCHUBERT et al. (1995), THIEL & BOS (1998).

Nr " face="Century Gothic">Fischart Präsenz Ökologische Funktion
      Laich-
gebiet
Aufwuchs-
gebiet
Nahrungs-
gebiet
Wander-
gebiet
Rückzugs-
gebiet
01 Bachneunauge            
02 Bitterling            
03 Finte X   X   X X
04 Flußneunauge X       X X
05 Meerneunauge X       X X
06 Rapfen X X X X   X
07 Schlammpeitzger X         X
08 Steinbeißer X         X
  Summe 6 1 2 1 3 6

 

In diesem Gebiet sind aktuelle (seit 1995) Fänge von juvenilen Individuen des als prioritäre Art eingestuften Nordseeschnäpels belegt (THIEL, unveröffentlicht).

Aus dem festgelegten Schutzzweck des bestehenden NSG "Schweenssand", sowie dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

Erhaltung und Entwicklung der Funktionsfähigkeit der natürlichen Dynamik des Elbestromes sowie die Erhaltung und Entwicklung aller von dieser Dynamik abhängigen, weltweit einmaligen Lebensgemeinschaften und nur in den Süßwasserwatten der Elbe vorkommenden Pflanzengruppen. Insbesondere dient der Schutz des Gebietes der Erhaltung und Wiederherstellung günstiger Lebensbedingungen für die gemäß FFH-Richtlinie als prioritär eingestuften Weichholzauwälder (Lebensraumtyp "Auenwälder ..."), den Schierlings-Wasserfenchel sowie den Nordseeschnäpel.

 

7.5.2. Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich des Heuckenlocks in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei den dargestellten Beeinträchtigungen handelt es sich um indirekte Wirkungen, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik zurückzuführen sind. Die Beurteilung der Auswirkungen erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwasserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen sind folgende Auswirkungen für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  • Erhöhung des Tidehochwassers,
  • Absinken des Tideniedrigwassers sowie
  • Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit.

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S. 165) zu klären, ob die dargestellten Auswirkungen die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigen, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit ggf. eine "erhebliche" Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale des Heuckenlocks bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • das Vorhandensein der Tidedynamik,
  • das Vorkommen von Süßwasserwatten und Prielen,
  • das Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps "Auwälder ... ",
  • das Vorkommen der prioritären Arten "Schierlings-Wasserfenchel" und "Nordseeschnäpel" sowie
  • die ökologische Bedeutung für die Fischfauna.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die prognostizierte Erhöhung des Thw liegt in diesem Bereich zwischen 3 und 4 cm. Die Erhöhung des Tidehochwassers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht).

Abb. 12: Biotopstrukturen im Bereich Heuckenlock/Schweessand (vgl. Legende im Anhang)

In der UVU ist ein Biotopflächenverlust von insgesamt ca. 4 ha für das NSG "Heuckenlock" und von ca. 1,5 ha für das NSG "Schweenssand prognostiziert worden. Nach dem in der UVU angewandten Abschätzverfahren entspricht dies einem Biotopflächenverlust von etwa 5% bezogen auf die landseitige Fläche der betroffenen Biotoptypen (vgl. MATERIALBAND VI). Die betroffenen Biotoptypen sind alle dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzuordnen.

Besonders betroffen ist der Biotoptyp "Flußwatt-Röhricht" mit einem Verlust von etwa 3,6 ha sowie"Weidenauwald"-Biotope mit ca. 1,3 ha, die dem prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder ..." zuzuordnen sind. Diese in der UVU als erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung bewertete Auswirkung wird jedoch in der vorliegenden Studie nur als geringe Beeinträchtigung beurteilt, da das natürliche Verbreitungsgebiet und die betroffenen Lebensraumtypen aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope (< 5%) zueinander langfristig beständig bleiben.

Die vorkommenden prioritären Arten werden durch die Erhöhung des Thw nicht beeinträchtigt (vgl. hierzu die Ausführungen zum Schierlings-Wasserfenchel in Kapitel 6), ebenso bleibt auch zukünftig die Tidedynamik erhalten und auch das Vorkommen der Süßwasserwatten und Priele ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen langfristig gewährleistet.

Da in diesem Gebiet keine phytophilen Arten laichen, die laut FFH-Richtlinie näher zu betrachten wären, geht für die hier präsenten Arten kein Laichsubstrat verloren.

Durch den Rückgang von Röhrichtpflanzen kann es für eine Übergangszeit (bis zur Einstellung eines neuen Gleichgewichtes) in geringem Umfang zu einem Verlust an Aufwuchs- und Nahrungsplätzen für die Finte und den Rapfen kommen. Aufgrund der Großräumigkeit des Lebensraumes und der Strukturvielfalt des Gebietes ist die Beeinträchtigung jedoch unerheblich.

Absinken des Tideniedrigwassers

Die ausbaubedingten Tnw-Absenkungen sind in diesem Bereich der Elbe am höchsten. Sie betragen bis zu 6,5 cm. Die Auswirkung ist nur für die Fischfauna relevant. Die anderen oben angesprochenen wertbestimmenden Merkmale werden durch die Tnw-Absenkungen nicht betroffen.

Es kann tendenziell zu Verkleinerungen der Flachwasserbereiche bei gleichzeitiger Vergrößerung der Watten kommen, wodurch die als Aufwuchs-, Nahrungs-, Wander- und Rückzugsgebiet für die Fische relevante Fläche reduziert würde. Diese mögliche Beeinträchtigung wird jedoch als unerheblich eingestuft.

Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit

Für das Gebiet sind geringfügige Erhöhungen der Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 0,03 m/s prognostiziert worden. Die Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit hat keine Auswirkungen für die wertbestimmenden Merkmale und Erhaltungsziele.

Lediglich für Fischlarven und juvenile Fische kann die Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit problematisch sein, da sie aus ihren Aufwuchsgebieten verdriftet werden können. Die Großräumigkeit des Lebensraumes und die Struktur des Gebietes bieten jedoch ausreichende Sicherheit, daß eine eventuelle Verdriftung trotz der möglichen Strömungsgeschwindigkeitsveränderung unerheblich bleibt.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Heuckenlock/Schweenssand" kommt es durch die Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände zu Beeinträchtigungen der Lebensraumtypen "Ästuarien" und "Auenwälder ..." und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie.

Von den Auswirkungen ist auch der prioritäre Lebensraumtyp "Auenwälder..." betroffen. Die prioritäre Arten "Schierlings-Wasserfenchel" und "Nordseeschnöpel" selbst werden durch die prognostizierten Beeinträchtigungen nicht direkt beeinträchtigt; sie sind indirekt betroffen durch den in geringem Umfang prognostizierten Verlust von potentiellem Lebensraum bzw. durch die mögliche Beeinträchtigung bestimmter ökologischer Funktionen.

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist insgesamt von einer geringen Beeinträchtigung (Kategorie 2) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, weiterhin beständig bleiben, sich allerdings die Verteilung der Lebensraumtypen geringfügig ändert (< 5%),
  • die für den langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen weitgehend bestehen bleiben, so daß auch langfristig die wertbestimmenden Merkmale vorhanden sind,
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

7.6 Mühlenberger Loch, Hahnöfer Nebenelbe, Neßsand, Hanskalbsand

Der hier zu betrachtende Bereich liegt südlich des Hauptstromes der Elbe zwischen Finkenwerder und Lühe. Das Gebiet besteht im wesentlichen aus der großen Elbbucht des Mühlenberger Loches, der Hahnöfer Nebenelbe sowie dem Inselkomplex Schweinsand/Neßsand/Hanskalbsand. Es umfaßt Flächen der drei Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg. Da eine Gebietstrennung entsprechend den Zuständigkeiten nicht den ökologischen Zusammenhängen dieses Bereiches entsprechen würde, werden sie im weiteren im Zusammenhang betrachtet. Das Mühlenberger Loch wurde in Hamburg mit Verordnung vom 25. Mai 1982 als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Schutzzweck der Verordnung ist, die Wasser- und Wattflächen des Mühlenberger Loches einschließlich des dazugehörigen Uferstreifens zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu sichern sowie die Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes zu erhalten. Die Koalitionsvereinbarung der derzeit in Hamburg regierenden Parteien sieht vor, in bezug auf die Unterschutzstellung des Mühlenberger Loches gemäß FFH-Richtlinie die Abstimmung mit der EU-Kommission zu suchen. Das Mühlenberger Loch und der östliche Teil des Hamburger NSG Neßsand wurde als EG-Vogelschutzgebiet und Feuchtgebiet Internationaler Bedeutung gemäß Ramsar-Konvention gemeldet (vgl. Kap 5). Der an das Mühlenberger Loch angrenzende Inselkomplex Schweinsand/Neßsand/Hanskalbsand liegt jeweils zum Teil in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Der östliche Teil dieses Inselkomplexes wurde von allen drei Bundesländern jeweils als Naturschutzgebiet "Neßsand" ausgewiesen. Der schleswig-holsteinische Teil von Neßsand wurde mit Verordnung vom 30.8.1952 als NSG ausgewiesen. Der Schutzzweck wurde nicht benannt. Der niedersächsische Teil von Neßsand (Südufer) wurde mit Verordnung vom 16.04.1980 als NSG benannt. Schutzzweck ist insbesondere die Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Pflanzen- und Tierwelt der Elbinseln und des Süßwasserwatts sowie eines Ausschnitts urtümlich wirkender Elblandschaft. Das Hamburger NSG "Neßsand" wurde mit Verordnung vom 28.10.1952 ausgewiesen. Der Schutzzweck wurde nicht benannt, es sei jedoch geboten, das Schutzgebiet als natürlichen Auwald zu pflegen.

Das schleswig-holsteinische NSG "Neßsand" wurde als geplantes FFH-Schutzgebiet zur Eintragung in die Liste der Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung nach Artikel 4 der FFH-Richtlinie benannt. Der nicht als NSG ausgewiesene schleswig-holsteinische Bereich des Inselkomplexes ist Teil eines im Entwurf des Landschaftsprogrammes von Schleswig-Holstein (Stand April 1997) dargestellten Prüfgebietes für den Aufbau des Programmes "Natura 2000" nach Artikel 4 der FFH-Richtlinie. Der gesamte niedersächsische Teil dieses Gebietes ist Bestandteil des FFH-Vorschlagsgebietes Unterelbe des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie.

 

7.6.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

Das Gebiet weist sehr große Süßwasserwatten im Bereich des Mühlenberger Loches und am Inselkomplex Neßsand/Hanskalbsand auf. Das hier zu betrachtende Gebiet ist mit seinen Watt-, Flachwasser-, Röhricht- und Auengehölzbiotopen insgesamt dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzurechnen. Von großer Bedeutung für den Wert dieses Gebietes ist insbesondere auch die sehr lange naturnahe und störungsarme Uferlinie des Inselkomplexes. Auf dem Inselkomplex und am Ufer der Hahnöfer Nebenelbe gegenüber von Hanskalbsand weist das Gebiet Weidenauwälder mit einer Gesamtfläche von ca. 14,5 ha auf, die dem prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder ..." zuzurechnen sind. Am Südufer von Neßsand und an dem Stillgewässer auf Hanskalbsand befinden sich zahlreiche Standorte des als prioritäre Art eingestuften Schierlings-Wasserfenchels. Auch das südliche Ufer des Mühlenberger Loches weist einige Standorte dieser Art auf.

Abb. 13: Biotopstrukturen im Bereich Mühlenberger Loch, Hahnöfer Nebenelbe, Neßsand - Ausschnitt (vgl. Legende im Anhang)

Obwohl mit insgesamt 14 ökologischen Funktionen für dieses potentielle FFH-Gebiet keine besonders hohe Summenbedeutung für die sechs nachgewiesenen relevanten Fisch-Arten nachweisbar ist, muß diesem Bereich ein besonderer Status als Laich- und Aufwuchsgebiet der Finte zuerkannt werden (vgl. Tab. 10). Während sich nach STERNER (1918) das Verbreitungsgebiet der Finte noch im ersten Viertel dieses Jahrhunderts auf den Bereich unterhalb der Estemündung beschränkte, nahmen gerade in den letzten Jahren die Nachweise von Finten im Mühlenberger Loch und in der Hahnöfer Nebenelbe wieder zu. Dieser Trend kann auf die seit einigen Jahren zu beobachtende, stromaufwärts gerichtete Verlagerung des Laichgebiets der Finte im Vergleich zu den Angaben von HASS (1968) zurückgeführt werden (THIEL et al. 1996).

Neben der Finte laicht im Gebiet auch der Rapfen. Allerdings stellt dieser Elbebereich für den Rapfen nicht nur ein wichtiges Aufwuchsgebiet dar, sondern ist auch als eines seiner Nahrungsgebiete von Bedeutung. Während für alle nachgewiesenen Arten, nämlich Finte, Rapfen, Schlammpeitzger sowie Bach-, Fluß- und Meerneunauge dieses Gebiet als Rückzugshabitat in Frage kommt, nutzen es außer der Finte auch Fluß- und Meerneunauge als Wandergebiet.

Tab. 10: Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäre Arten) im Gebiet 5 -Mühlenberger Loch, Hahnöfer Nebenelbe, Neßsand, Hanskalbsand- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten - Daten nach ARGE ELBE (1984), ARGE ELBE (1995), DIERCKING & WEHRMANN (1991), GAUMERT & KÄMMEREIT (1993), IKSE (1996), KAFEMANN et al. (1996), PETERMEIER et al. (1994), THIEL (1995), THIEL et al. (1995), THIEL et al. (1996). }}

2" face="Century Gothic">Nr. Fischart Präsenz Ökologische Funktion
     

Laich-

Gebiet

Aufwuchs-

gebiet

Nahrungs-

gebiet

Wander-

gebiet

Rückzugs-

gebiet

01 Bachneunauge X         X
02 Bitterling            
03 Finte X X X   X X
04 Flußneunauge X       X X
05 Meerneunauge X       X X
06 Rapfen X X X X   X
07 Schlammpeitzger X         X
08 Steinbeißer            
  Summe 6 2 2 1 3 6

 

Bei der Beurteilung der fischökologischen Gesamtbedeutung des Gebietes "Mühlenberger Loch, Hahnöfer Nebenelbe, Neßsand, Hanskalbsand" muß berücksichtigt werden, daß es sich hierbei um das wichtigste Aufwuchsgebiet für Fischlarven und Jungfische in der limnischen Tideelbe unterhalb Hamburgs handelt (vgl. BOS et al. 1995, NELLEN & THIEL 1994, SEPULVEDA et al. 1993, THIEL 1995, THIEL et al. 1995). Die Fischdichten sind hier etwa 15-20mal und die Fischbiomassen 3-4mal höher als in den anderen Randbereichen und Nebenelben der limnischen Tideelbe (THIEL ET AL. 1995). Verglichen mit dem Hauptstrom sind hier zeitweise sogar mehr als die hundertfachen Fischdichten anzutreffen (THIEL 1994, KAFEMANN et al. 1995). Die Jahresproduktion der Altersgruppen 0 und 1 liegt bei mehr als 200 kg pro Hektar Wasserfläche (THIEL 1995). Das ist das Neunfache der Produktionswerte, die in anderen Bereichen der Tideeelbe unterhalb Hamburgs bestimmt wurden. Mit der Este mündet der fischartenreichste Nebenfluß der Tideelbe unterhalb Hamburgs (39 Arten) in das Mühlenberger Loch (UVU 1997).

Eine wesentliche Ursache für die große Bedeutung von Mühlenberger Loch und Hahnöfer Nebenelbe als Aufwuchsgebiet ist im hohen Nahrungsangebot zu suchen. Tatsächlich sind für das Mühlenberger Loch saisonale Massenaufkommen von Planktonorganismen bekannt (LADIGES 1935, ORTEGA 1991). FIEDLER (1991) wies im Unterlauf der Este die höchsten durchschnittlichen Planktonbiomassen in der limnischen Tideelbe unterhalb Hamburgs nach. Im Vergleich zu anderen Abschnitten der Tideelbe ist das Aufkommen an calanoiden Copepoden der Art Eurytemora affinis im Mühlenberger Loch deutlich höher (KAFEMANN 1992), und auch das Vorkommen an Oligochaeten ist beachtlich (DÖRJES & REINECK 1981).

Das Gebiet ist nach DIERCKING & WEHRMANN (1991) und THIEL et al. (1996) als potentielles Laichgebiet des als prioritär eingestuften Nordseeschnäpels zu betrachten.

Im Bereich Mühlenberger Loch und Hahnöfer Nebenelbe wurden wiederholt einzelne Seehunde beobachtet, die vermutlich das reichliche Nahrungsangebot verschiedener wandernder Fischarten nutzen.

Aus den für die bestehenden Schutzgebiete festgelegten Schutzzwecken, sowie dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten, lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Pflanzen- und Tierwelt der Elbinseln, des Süßwasserwatts, sowie des dazugehörigen Uferstreifens. Insbesondere dient der Schutz dieses Gebietes dem Erhalt und der Wiederherstellung günstiger Lebensbedingungen für die gemäß FFH-Richtlinie als prioritär eingestuften Weidenauwälder (Lebensraumtyp "Auenwälder ..."), der Schierlings-Wasserfenchel und den Nordseeschnäpel.

 

7.6.2 Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich des Mühlenberger Lochs in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei den dargestellten Beeinträchtigungen handelt es sich um indirekte Wirkungen, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik bzw. auf die Baggerung und die Baggergutunterbringung zurückzuführen sind. Die Beurteilung der Auswirkungen erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwasserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen sind folgende Auswirkungen für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  • Erhöhung des Tidehochwassers,
  • Absinken des Tideniedrigwassers,
  • lokale Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit sowie
  • lokale Zunahme des Schwebstoffgehaltes.

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S. 165) zu klären, ob die dargestellten Auswirkungen die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigen, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit ggf. eine "erhebliche" Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale des Mühlenberger Loches, der Hahnöfer Nebenelbe, Neßsand und Hanskalbsand bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • das Vorhandensein der Tidedynamik,
  • das Vorkommen von Süßwasserwatten und Prielen,
  • das Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps "Auwälder ... ",
  • das Vorkommen der prioritären Arten "Schierlings-Wasserfenchel" und "Nordseeschnäpel" sowie
  • die ökologische Bedeutung für die Fischfauna.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die prognostizierte Erhöhung des Thw liegt in diesem Bereich zwischen 3 und 4 cm. Die Erhöhung des Tidehochwassers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht).

In der UVU ist ein Biotopflächenverlust von insgesamt ca. 5,5 ha prognostiziert worden. Davon entfallen auf das Mühlenberger Loch ca. 1 ha, auf das NSG Neßsand in Niedersachsen ca. 1 ha, auf das NSG Neßsand in Schleswig-Holstein ca. 0,1 ha und auf das NSG Neßsand in Hamburg ca. 1 ha. Der restliche Teil dieses Gebietes (Hahnöfer Nebenelbe und Hanskalbsand) ist von zu erwartenden Biotopflächenverlusten von ca. 2,4 ha betroffen. Nach dem in der UVU angewandten Abschätzverfahren entspricht dies einem Biotopflächenverlust von etwa 5% bezogen auf die landseitige Fläche der betroffenen Biotoptypen (vgl. MATERIALBAND VI). Die betroffenen Biotoptypen sind alle dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzuordnen.

Besonders betroffen ist der Biotoptyp "Flußwatt-Röhricht" mit einem Verlust von etwa 2 ha sowie"Weidenauwald"-Biotope mit ca. 0,7 ha, die dem prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder ..." zuzuordnen sind. Diese in der UVU als erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung bewertete Auswirkung wird jedoch in der vorliegenden Studie nur als geringe Beeinträchtigung beurteilt, da das natürliche Verbreitungsgebiet und die betroffenen Lebensraumtypen aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope (< 5%) zueinander langfristig beständig bleiben.

Die vorkommenden prioritären Arten werden durch die Erhöhung des Thw nicht beeinträchtigt (vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Schierlings-Wasserfenchel in Kapitel 6), ebenso bleibt zukünftig die Tidedynamik erhalten und auch das Vorkommen der Süßwasserwatten und Priele ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen langfristig gewährleistet.

Durch den Rückgang von Röhrichtpflanzen kann es für eine Übergangszeit (bis zur Einstellung eines neuen Gleichgewichtes) in geringem Umfang zu einem Verlust an Aufwuchs- und Nahrungsplätzen für die Finte und den Rapfen kommen. Aufgrund der Großräumigkeit des Lebensraumes und der Strukturvielfalt des Gebietes ist diese Beeinträchtigung jedoch unerheblich.

Absinken des Tideniedrigwassers

Die ausbaubedingten Tnw-Absenkungen sind in diesem Bereich der Elbe mit am höchsten. Sie betragen rund 6 cm. Die Auswirkung ist nur für die Fischfauna relevant. Die anderen oben angesprochenen wertbestimmenden Merkmale werden durch die Tnw-Absenkungen nicht betroffen.

Es kann einerseits tendenziell zu Verkleinerungen der Flachwasserbereiche bei gleichzeitiger Vergrößerung der Watten kommen, wodurch sich die als Aufwuchs-, Nahrungs-, Wander- und Rückzugsgebiet für die Fische relevante Fläche reduzieren würde. Nach den Ergebnissen der UVU gehört das Mühlenberger Loch und die Hahnöfer Nebenelbe mit zu den Gebieten, für die deutliche Abnahmetendenzen der Flachwasserbereiche ermittelt wurden. Diese mögliche Beeinträchtigung wird jedoch als unerheblich eingestuft. Andererseits können durch das Absinken des Tnw flache Laichbänke des Rapfens trockenfallen und in der Folge erhöhte Eimortalitäten auftreten, was aber ebenfalls als unerheblich eingestuft wird.

Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit

Für den südöstlichen Teil des Mühlenberger Loches sind geringfügige Erhöhungen der Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 0,03 m/s prognostiziert worden (Ist-Zustand maximal bei 0,3 m/s). In der Hahnöfer Nebenelbe treten nur sehr vereinzelt Strömungserhöhungen auf, die im Verhältnis zum Ist-Zustand geringer sind als im Mühlenberger Loch.

Die Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit hat keine Auswirkungen für die wertbestimmenden Merkmale und Erhaltungsziele. Lediglich für Fischlarven und juvenile Fische (hier: Finte und Rapfen) kann die Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit problematisch sein, da sie aus ihren Aufwuchsgebieten verdriftet werden können. Die Großräumigkeit des Lebensraumes und die Struktur des Gebietes bieten jedoch ausreichende Sicherheit, daß eine eventuelle Verdriftung trotz der möglichen Strömungsgeschwindigkeitsveränderung unerheblich bleibt.

Zunahme des Schwebstoffgehaltes

Diese Auswirkung ist nur für die Fischfauna relevant. Bagger- und Verklappungsstellen sind in diesem Gebiet nicht vorgesehen. In unmittelbarer Nähe zum Mühlenberger Loch befindet sich jedoch die geplante Mergelklappgrube, die zunächst ausgebaggert und anschließend mit 650.000 m; Geschiebemergel verfüllt werden soll. Da eine Erhöhung des Schwebstoffgehaltes im Mühlenberger Loch nach den Ergebnissen der UVU Auswirkungen auf mehrere Glieder des Nahrungsnetzes hat, kann dies weitreichende Einschränkungen für das Nahrungsangebot der Endkonsumenten Fische bedeuten, deren negative Folgen nicht prognostizierbar sind. Als Folge der Ausbaumaßnahmen kommt es im südöstlichen Teil des Mühlenberger Loches zu einer Erhöhung der Schwebstoffkonzentration in der Deckschicht (0 - 2 m) um max. 20 %. Die Zunahme von Schwebstoffkonzentrationen kann sich für die Fische folgendermaßen auswirken: Die Schwebstoffe können sich auf den Kiemen der Fische, insbesondere der Fischlarven, absetzen (DE GROOT, 1979), diese verstopfen und dadurch die Sauerstoffversorgung einschränken. Hiervon wären besonders die Finte und der Rapfen betroffen, die hier Aufwuchshabitate haben. Die adulten Fische sind in der Lage fortzuschwimmen und das trübe Wasser zu meiden. Ebenso kann es zu Schwebstoffablagerungen auf den pelagischen Eiern der Finte kommen mit der Folge, daß sich die Sauerstoffversorgung der Embryonen verschlechtert und es zu Pilz- und/oder Bakterienbefall kommt und dadurch die Eimortalitäten ansteigen. Sedimentieren die Schwebstoffe und lagern sich am Boden ab, so kann das zum Zusedimentieren und damit zur Vernichtung des Rapfenlaiches führen. Minderungen sind möglich, sofern die Verklappungen außerhalb der Laichzeiten stattfinden und sich dann auf die Tidephasen beschränken, in denen die "Fernwirkung" der Maßnahme gering ist. Hierbei gilt es zu beachten, daß in der UVU zur Minderung der Auswirkungen auf die anderen Organismengruppen in diesem sensiblen Bereich ebenfalls Ausschlußzeiten genannt worden sind, die berücksichtigt werden sollen. Diese beschriebenen räumlich und zeitlich begrenzten Veränderungen der Milieubedingungen sind als unerhebliche Beeinträchtigung zu bewerten.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Mühlenberger Loch, Hahnöfer Nebenelbe, Neßsand, Hanskalbsand" kommt es durch die Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände und Abnahme der Flachwasserbereiche zu Beeinträchtigungen der Lebensraumtypen "Ästuarien" und "Auenwälder ..." und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie.

Von den Auswirkungen ist auch der prioritäre Lebensraumtyp "Auenwälder..." betroffen. Die prioritären Arten "Schierlings-Wasserfenchel" und "Nordseeschnäpel" selbst werden durch die prognostizierten Beeinträchtigungen nicht direkt beeinträchtigt; sie sind indirekt betroffen durch den in geringem Umfang prognostizierten Verlust von potentiellem Lebensraum (Schierlings-Wasserfenchel) bzw. durch die mögliche Beeinträchtigung bestimmter ökologischer Funktionen (Nordseeschnäpel).

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist insgesamt von einer geringen Beeinträchtigung (Kategorie 2) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, weiterhin beständig bleiben, sich allerdings die Verteilung der Lebensraumtypen geringfügig ändert (< 5%),
  • die für den langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen weitgehend bestehen bleiben, so daß auch langfristig die wertbestimmenden Merkmale vorhanden sind,
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

7.6.3 Kompensationsmaßnahme Mühlenberger Loch/Hahnöfer Nebenelbe

Die Ausbaggerung einer Durchströmungsrinne im Mühlenberger Loch und in der Hahnöfer Nebenelbe zur Schaffung neuer Flachwasserbereiche betrifft den Lebensraumtyp "Ästuarien". Dieser wird allerdings weder vergrößert noch verkleinert, erleidet also keine quantitativen Verluste. Von den derzeit etwa 450 ha Wattflächen im Mühlenberger Loch werden ca. 5,5 ha abgebaggert und zu Flachwasserzonen umgewandelt. Da Flachwasserzonen in der Tideelbe in der Vergangenheit beständig zugunsten von Wattflächen abgenommen haben, stellt diese Maßnahme eine zumindest für die naturnähere Verteilung von Einzellebensräumen innerhalb des Lebensraumtyps positive qualitative Veränderung des Lebensraumtyps dar.

Bezüglich der prioritären Arten und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse sind zwei gegensätzliche Tendenzen erkennbar. Seehunde, die gelegentlich im Mühlenberger Loch gesichtet werden, profitieren von größerem Fischreichtum. Der Schierlings-Wasserfenchel ist vordergründig von der Maßnahme nicht betroffen, kann aber über seine Samenbank in Schlickwatten durchaus betroffen sein. Da bei r-Strategen (Arten, die Pionierlebensräume bewohnen und viele Verbreitungseinheiten bilden) die Samenreserve im Boden oder Sediment den größten Teil der Individuen einer Population ausmachen kann (ca. 80-95% aller Individuen liegen als Samenreserve vor, nur 5-20% als grüne Pflanzen), entzieht eine Ausbaggerung und anschließende Deponierung des Schlicks in einer Klappgrube, die mit Mergel überdeckt wird, die Samen dem Biokreislauf.

Eine Beurteilung dieses Sachverhalts bezüglich seiner Erheblichkeit und Nachhaltigkeit ist bisher nicht möglich, da nichts über die Samenreserve des Schierlings-Wasserfenchels im Mühlenberger Loch bekannt ist. Zwar wird in verschiedenen Stellungnahmen zur DASA-Erweiterung in Finkenwerder behauptet, daß sich eine erhebliche Samenreserve in den Wattflächen des Mühlenberger Lochs befindet, aber mangels Untersuchungen und Auswertungen von Bohrkernen im Schlickwatt ist dies bloße Spekulation. Da sich am Süd- und Ostufer des Mühlenberger Loches in letzter Zeit kaum noch Pflanzen des Schierlings-Wasserfenchels finden lassen, könnte sich die Samenreserve ebensogut drastisch vermindert haben. Es ist auch denkbar, daß durch die Baggermaßnahmen die tieferliegenden Samen am Rande der neuen Durchströmungsrinne aktiviert werden oder beim Einspülvorgang Samen in der Klappgrube freigeschwemmt werden. Zur genaueren Beurteilung sind mehr Informationen über die Schwimmfähigkeit alter Samen erforderlich.

Die geplante Kompensationsmaßnahme im Bereich Mühlenberger Loch / Hahnöfer Nebenelbe soll zum einen Flachwasserbereiche schaffen und zum anderen die bessere Durchströmung der Hahnöfer Nebenelbe und des Mühlenberger Loches gewährleisten. Da für die Hahnöfer Nebenelbe eine Tendenz zur Verlandung besteht, kann die Maßnahme für die Fische und Rundmäuler positiv gesehen werden. Eine langfristige Sicherung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Flachwasser- und Wattbereichen im Mühlenberger Loch ist zu begrüßen. Zur Minderung der Auswirkungen der geplanten Kompensationsmaßnahme auf die Fische und Rundmäuler, die denen einer Ausbaubaggerung entsprechen, sollte die Maßnahme außerhalb der Laichzeiten stattfinden.

 

7.7 Lühemündung, Lühesander Süderelbe und Elbinsel Lühesand

Das hier zu betrachtende Gebiet umfaßt auf der niedersächsischen Elbseite den Bereich der Lühemündung, die Lühesander Süderelbe sowie die Elbinsel Lühesand. Die Elbinsel Lühesand wurde mit Verordnung vom 28. September 1982 als Landschaftsschutzgebiet (LSG) "Lühesand" ausgewiesen. Als besonderer Schutzzweck wird die Erhaltung der Insel als Brut-, Rast- und Nahrungsgebiet für besonders geschützte Vogelarten genannt. Das Gebiet ist Bestandteil des FFH-Vorschlagsgebietes "Unterelbe" des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie.

7.7.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

Das Gebiet ist teilweise sehr intensiv genutzt (z.B. durch den Obstbau), und der Anteil naturnaher vegetationsgeprägter Biotope ist eher gering. Jedoch sind die Wasserflächen mit der Lühesander Nebenelbe und der Einmündung der Lühe in die Elbe sowie die naturnahen Biotope im Uferbereich dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzurechnen. Der prioritäre Lebensraumtyp "Auenwälder ..." ist in diesem Gebiet nur in sehr geringem Umfang (ca. 0,1 ha) durch Weidenauwälder vertreten. Im Mündungsbereich der Lühe hinter dem Sturmflutsperrwerk ist ein Vorkommen des Schierlings-Wasserfenchels durch mündliche Mitteilung auf dem Erörterungstermin in Krautsand belegt7.

In diesem Gebiet kommen alle 8 relevanten Fisch- bzw. Rundmaularten vor, die es als Rückzugsgebiet nutzen (vgl. Tab. 11). Für Finte, Fluß- und Meerneunauge ist es außerdem Wandergebiet, für den Steinbeißer Nahrungsgebiet. Der Rapfen findet hier Laichplätze und Nahrungshabitate. Besonders hervorzuheben sind die Funktionen des Gebietes als Laich- und Aufwuchshabitat der Finte. Gegenwärtig befindet sich hier das Hauptlaichgebiet der europaweit gefährdeten Finte (THIEL et al. 1996). In den letzten Jahren ist die relative Bedeutung dieses Laichgebietes weiter gestiegen, da der Gesamtbestand der Finte insgesamt rückläufig ist. Die Abnahme des Gesamtbestandes ist auf einen verringerten Reproduktionserfolg zurückführbar. Im Gebiet "Lühemündung, Lühesander Süderelbe und Elbinsel Lühesand" sind insgesamt 17 ökologische Funktionen für die relevanten Arten nachweisbar.

In diesem Gebiet sind aktuelle (seit 1995) Fänge von juvenilen Individuen des Nordseeschnäpels belegt (THIEL, unveröffentlicht). Außerdem wurden hier seit Herbst 1995 adulte Nordseeschnäpel gefangen, die sich auf ihrer anadromen Laichwanderung befanden (THIEL unveröffentlicht, GRAMM 1998, SCHMIDT 1998). Das Gebiet ist nach DIERCKING & WEHRMANN (1991) und THIEL et al. (1996) als potentielles Laichgebiet des als prioritär eingestuften Nordseeschnäpels zu betrachten. Die Tatsache, daß es sich um das einzige Gebiet handelt, in dem sowohl juvenile als auch adulte Nordseeschnäpel nachgewiesen wurden, stellt einen Hinweis auf bereits gegenwärtig erfolgende Laichaktivitäten dar.

Abb. 14: Biotopstrukturen im Bereich Lühemüdung, Lühesander Süderelbe und Elbinsel Lühesand - Ausschnitt (vgl. Legende im Anhang)

Tab. 11:}Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäre Arten) im Gebiet 6 -Lühemündung, Lühesander Süderelbe und Elbinsel Lühesand- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten - Daten nach ARGE ELBE (1984), ARGE ELBE (1995), DIERCKING & WEHRMANN (1991), GAUMERT & KÄMMEREIT (1993), GRAMM (1989), SCHMIDT (1989), IKSE (1996), KAFEMANN et al. (1996), PETERMEIER et al. (1994), THIEL (1995), THIEL et al. (1995), THIEL et al. (1996).

Nr. Fischart Präsenz Ökologische Funktion
     

Laich-

gebiet

Aufwuchs-

gebiet

Nahrungs-

gebiet

Wander-

gebiet

Rückzugs-

gebiet

01 Bachneunauge X         X
02 Bitterling X         X
03 Finte X X X   X X
04 Flußneunauge X       X X
05 Meerneunauge X       X X
06 Rapfen X X X X   X
07 Schlammpeitzger X         X
08 Steinbeißer X     X   X
  Summe 8 2 2 2 3 8

Aus dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Pflanzen- und Tierwelt. Insbesondere dient der Schutz dieses Gebietes dem Erhalt und der Wiederherstellung günstiger Lebensbedingungen für den gemäß FFH-Richtlinie als prioritär eingestuften Nordseeschnäpel.

 

7.7.2 Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich der Lühemündung, der Lühesander Süderelbe und der Elbinsel Lühesand in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei den dargestellten Beeinträchtigungen handelt es sich um indirekte Wirkungen, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik zurückzuführen sind. Die Beurteilung der Auswirkungen erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwasserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen sind folgende Auswirkungen für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  • Erhöhung des Tidehochwassers,
  • Absinken des Tideniedrigwassers,
  • lokale Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit sowie
  • lokale Zunahme des Schwebstoffgehaltes.

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S. 165) zu klären, ob die dargestellten Auswirkungen die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigen, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit ggf. eine "erhebliche" Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • das Vorhandensein der Tidedynamik,
  • das Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps "Auwälder ... ",
  • das Vorkommen der prioritären Art "Nordseeschnäpel" sowie
  • allgemein die ökologische Bedeutung für die Fischfauna und insbesondere die Funktion als Hauptlaichgebiet der Finte.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die prognostizierte Erhöhung des Thw liegt in diesem Bereich zwischen 3 und 4 cm. Die Erhöhung des Tidehochwassers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht).

In der UVU ist ein Biotopflächenverlust von insgesamt ca. 1,1 ha prognostiziert worden. Nach dem dort angewandten Abschätzverfahren entspricht dies einem Biotopflächenverlust von etwa 5% bezogen auf die landseitige Fläche der betroffenen Biotoptypen (vgl. MATERIALBAND VI). Die betroffenen Biotoptypen sind alle dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzuordnen.

Die prognostizierten Thw-Erhöhungen führen zum Verlust von ca. 0,04 ha FWR (Flußwatt-Röhricht). In sehr geringem Maße (ca. 0,005 ha) sind auch Weidenauwaldbiotope betroffen, die dem prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder ..." zuzuordnen sind. Die Auswirkung wird als geringe Beeinträchtigung beurteilt, da das natürliche Verbreitungsgebiet und die betroffenen Lebensraumtypen aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope (< 5%) zueinander langfristig beständig bleiben.

Die vorkommende prioritäre Art wird durch die Erhöhung des Thw nicht beeinträchtigt, ebenso bleibt auch zukünftig die Tidedynamik erhalten.

Durch den Rückgang von Röhrichtpflanzen kann es für eine Übergangszeit (bis zur Einstellung eines neuen Gleichgewichtes) in geringem Umfang zu einem Verlust an Aufwuchs- und Nahrungsplätzen für die Finte, den Rapfen und den Steinbeißer kommen. Aufgrund der Großräumigkeit des Lebensraumes und der Strukturvielfalt des Gebietes ist die Beeinträchtigung jedoch unerheblich.

Absinken des Tideniedrigwassers

Die ausbaubedingten Tnw-Absenkungen betragen in diesem Bereich der Elbe etwa 5 bis 6 cm. Die Auswirkung ist nur für die Fischfauna relevant. So besteht einerseits das Risiko, daß es zum Trockenfallen flacher Laichbänke des lithophilen Rapfens kommen kann, was eine erhöhte Eimortalität zur Folge hätte. Andererseits kann es tendenziell zu Verkleinerungen der Flachwasserbereiche bei gleichzeitiger Vergrößerung der Watten kommen, wodurch die als Aufwuchs-, Nahrungs-, Wander- und Rückzugsgebiet für die Fische relevante Fläche reduziert würde. Diese möglichen Beeinträchtigungsrisiken wurden jedoch bereits in der UVU als nicht erheblich eingestuft.

Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit

Die geplanten Strombaumaßnahmen führen dazu, daß sich die maximale Flutstromgeschwindigkeit vor der Einmündung zur Lühesander Süderelbe um 0,15 m/s verringert. In der Hauptrinne der Elbe wird die Geschiebefracht erhöht, vor der Einmündung zur Nebenelbe nimmt sie ab. Damit besteht die Gefahr einer Verlandung der Lühesander Nebenelbe, die einen strömungsberuhigten, flachen und damit wichtigen Lebensraum für die Fische darstellt.

Lokale Zunahme des Schwebstoffgehaltes

In dem Gebiet selbst finden keine Baggerungen und Verklappungen statt. Nördlich der Insel befindet sich jedoch eine Hauptbaggerstrecke und stromab im direkten Anschluß am südlichen Ufer der Elbe liegt die Baggergutablagerungsfläche Twielenfleth. Durch die Bagger- und Verklappungstätigkeiten in der Nähe des Gebietes ist auch in diesem Bereich mit dem Risiko eines erhöhten Schwebstoffgehaltes im Wasser mit den oben beschriebenen Folgen zu rechnen (s. MATERIALBAND VII der UVU). Das Hauptlaichgebiet der europaweit gefährdeten Finte liegt in diesem Gebiet, das gleichzeitig die Funktion als Aufwuchsgebiet erfüllt. Von den Schwebstoffablagerungen auf den Kiemen, die zur Einschränkung der Sauerstoffversorgung führen, sind besonders die Larven der Finte und des Rapfens betroffen, die hier ihre Aufwuchshabitate haben. Für die Finte und den Rapfen besteht die Gefahr erhöhter Eimortalitäten. Diese beschriebenen räumlich und zeitlich begrenzten Veränderungen der Milieubedingungen sind jedoch als unerhebliche Beeinträchtigung zu bewerten. Minderungen der Auswirkungen sind möglich, sofern die Bagger- und Verklappungstätigkeiten außerhalb der Laichzeiten stattfinden.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Lühemündung, Lühesander Süderelbe und Elbinsel Lühesand" kommt es durch die Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände zu Beeinträchtigungen der Lebensraumtypen "Ästuarien" und "Auenwälder ..." des Anhangs I der FFH-Richtlinie. Für Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie (insbesondere Finte und Rapfen) kann es ebenfalls zu Beeinträchtigungen kommen.

Von den Auswirkungen ist in sehr geringem Umfang der prioritäre Lebensraumtyp "Auenwälder..." betroffen. Die prioritäre Art "Nordseeschnäpel" selbst wird durch die prognostizierten Beeinträchtigungen nicht direkt beeinträchtigt; sie ist indirekt betroffen durch die möglichen Auswirkungen der Maßnahme auf die bestehenden ökologischen Funktionen.

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist insgesamt von einer geringen Beeinträchtigung (Katagorie 2) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, weiterhin beständig bleiben, sich allerdings die Verteilung der Lebensraumtypen geringfügig ändert (< 5%),
  • die für den langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen weitgehend bestehen bleiben, so daß auch langfristig die wertbestimmenden Merkmale vorhanden sind,
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

7.8 Auetal

Das hier zu betrachtende Gebiet umfaßt den Talraum der Lühe/Aue oberhalb Horneburgs. Der tidebeeinflußte Bereich, der hier zu betrachten ist, ist Bestandteil des mit Verordnung vom 13. Juni 1980 ausgewiesenen LSG "Auetal". Der Schutzzweck wurde nicht benannt. Das Landschaftsschutzgebiet wird überlagert von dem mit Verordnung vom 30. Mai 1997 ausgewiesenen NSG "Aueniederung und Nebentäler". Als Schutzzweck ist in dieser Verordnung die Erhaltung, Pflege und Entwicklung der Niederungslandschaft des Auemittellaufes und seiner Nebengewässer mit den Talräumen sowie teilweise angrenzender Geestbereiche mit den hierauf angewiesenen charakteristischen Lebensgemeinschaften angegeben. Insbesondere bezweckt die Erklärung zum Naturschutzgebiet

- die Erhaltung der natürlichen und naturnahen Fließgewässer mit ihren Talräumen und deren naturnahe Entwicklung,

- die Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Biotoptypen der Ufer und der Niederung mit ihren typischen Lebensgemeinschaften,

- in Teilbereichen die Erhaltung und Entwicklung nährstoffärmeren Feuchtgrünlandes,

- die Erhaltung und Entwicklung naturnaher Waldbestände in der Niederung und am Geestrand,

- die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Ruhe und Ungestörtheit.

Das Gebiet ist Teil des FFH-Vorschlagsgebietes "Aue- und Steinbecktal" des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie. Das Gebiet gehört zu denjenigen Vorschlagsgebieten, die per niedersächsischem Kabinettsbeschluß als meldefähig eingestuft wurden.

 

7.8.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

Das Gebiet wird durch brachgefallene Grünländer geprägt, die sich überwiegend zu Rohrglanzgrasröhrichten entwickelt haben. Vereinzelt sind auch nährstoffreichere Staudensümpfe und Großseggenrieder entstanden. Das Gebiet weist mit einem Sumpf-Weidenauwald von ca. 0,9 ha Größe ein Biotop auf, das als prioritärer Lebensraumtyp "Auenwälder ..." anzusprechen ist.

Im NSG "Auetal" kommen 6 Fisch-Arten von gemeinschaftlichem Interesse vor, die hier ein Rückzugsgebiet haben (vgl. Tab. 12). Für Fluß- und Meerneunauge ist das NSG außerdem Wandergebiet, für Bitterling, Rapfen und Steinbeißer Nahrungsgebiet. Als Laich- und Aufwuchsgebiet ist es für den Rapfen von Bedeutung. Es sind in der Summe 13 ökologische Funktionen nachweisbar.

Tab. 12: Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäre Arten) im Gebiet 7 -Auetal- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten -Daten nach ARGE ELBE (1995), DIERCKING & WEHRMANN (1991), GAUMERT & KÄMMEREIT (1993), GRAMM (1989), SCHMIDT (1989), IKSE (1996), PETERMEIER et al. (1994), THIEL (1995), THIEL et al. (1995).

Nr. Fischart Präsenz Ökologische Funktion
      Laich-
gebiet
Aufwuchs-
gebiet
Nahrungs-
gebiet
Wander-
gebiet
Rückzugs-
gebiet
01 Bachneunauge X         X
02 Bitterling X     X   X
03 Finte            
04 Flußneunauge X       X X
056 Meerneunauge X       X X
06 Rapfen X X X X   X
07 Schlammpeitzger            
08 Steinbeißer X     X   X
  Summe 6 1 1 3 2 6

Aus dem festgelegten Schutzzweck des bestehenden NSG sowie dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

Erhaltung, Pflege und Entwicklung der Niederungslandschaft des Auemittellaufes und seiner Nebengewässer mit den Talräumen sowie teilweise angrenzender Geestbereiche mit den hierauf angewiesenen charakteristischen Lebensgemeinschaften. Insbesondere dient der Schutz dieses Gebietes dem Erhalt und der Wiederherstellung günstiger Lebensbedingungen für den gemäß FFH-Richtlinie als prioritär eingestuften Biotoptyp Sumpfiger-Weiden-Auwald (Lebensraumtyp "Auenwälder...").

 

 

7.8.2 Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich "Auetal" in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei der dargestellten Beeinträchtigung handelt es sich um eine indirekte Wirkung, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik zurückzuführen ist. Die Beurteilung der Auswirkung erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwaserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen ist folgende Auswirkung für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  • Erhöhung des Tidehochwassers.

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S.165) zu klären, ob die dargestellte Auswirkung die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigt, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit ggf. eine "erhebliche" Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • das Vorhandensein der Tidedynamik,
  • das Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps "Auwälder ... " sowie
  • das Vorkommen von Röhrichten.

Die Beurteilung der Auswirkung auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die prognostizierte Erhöhung des Thw liegt im größten Teil des Gebietes zwischen 2 und 3 cm. Für einen etwa 500 m langen Abschnitt der Aue wurden Thw-Erhöhungen prognostiziert, die zwischen 1 und 2 cm liegen. Die Erhöhung des Tidehochwassers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht).

In der UVU ist ein Biotopflächenverlust von insgesamt ca. 1,5 ha prognostiziert worden. Nach dem dort angewandten Abschätzverfahren entspricht dies einem Biotopflächenverlust von etwa 2 bis 3,5% bezogen auf die landseitige Fläche der betroffenen Biotoptypen (vgl. MATERIALBAND VI). Die betroffenen Biotoptypen sind alle dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzuordnen.

Die Auswirkung wird als geringe Beeinträchtigung beurteilt, da das natürliche Verbreitungsgebiet und der betroffenene Lebensraumtyp aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope (< 5%) zueinander langfristig beständig bleiben.

Der vorkommende prioritäre Lebensraumtyp "Auwälder ..." wird durch die Erhöhung des Thw nicht beeinträchtigt, ebenso bleibt auch zukünftig die Tidedynamik erhalten.

Die oben beschriebenen ökologischen Funktionen des Auetals für die zu betrachtenden Fisch- und Rundmaularten werden nicht beeinträchtigt.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Auetal" kommt es durch die Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände zu Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps "Ästuarien" aus Anhang I der FFH-Richtlinie.

Von den Auswirkungen sind keine prioritären Lebensraumtypen und Arten nach den Anhängen I und II der FFH-Richtlinie betroffen.

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist insgesamt von einer sehr geringen Beeinträchtigung (Kategorie 1) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, beständig bleiben,
  • die für den langfristigen Fortbestand des natürlichen Lebensraumes notwendige Struktur und spezifische Funktionen bestehen bleiben und
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

 

 

7.9 Wedeler Marsch

Das hier zu betrachtende Gebiet umfaßt den tidebeeinflußten Bereich der Wedeler Marsch hinter der Hauptdeichlinie und dem Sperrwerk Wedeler Au entlang der Wedeler Au und der Hetlinger Binnenelbe. Für große Teile des Gebietes ist die Ausweisung als NSG "Wedeler Marsch" geplant (vgl. MATERIALBAND XV). Das Gebiet ist Teil eines im Entwurf des Landschaftsprogrammes von Schleswig-Holstein (Stand April 1997) dargestellten Prüfgebietes für den Aufbau des Programmes "Natura 2000" nach Artikel 4 der FFH-Richtlinie.

 

7.9.1 Bedeutung für Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

Das Gebiet wird durch mit Gräben durchzogene Grünländer geprägt, die den überwiegenden Teil der Fläche einnehmen. Entlang der Hetlinger Binnenelbe, der Wedeler Au sowie einiger Gräben treten außerdem Röhrichtbiotope auf. Die tidebeeinflußten Gewässer und naturnahen Uferbiotope sind dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzurechnen. Dabei ist jedoch durch das Sperrwerk ein wichtiger Lebensraumfaktor - der Sturmfluteinfluß - ausgeschlossen. Das Vorkommen des als prioritär eingestuften Schierlings-Wasserfenchels erscheint aufgrund der Gegebenheiten potentiell möglich zu sein.

Als Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiet des Bitterlings haben die Grabensysteme der Wedeler Marsch eine herausragende Bedeutung (vgl. Tab. 13), obwohl das Bitterlingsvorkommen nach DIERCKING & WEHRMANN (1991) seit Jahren rückläufig sein soll. Auch Rapfen und Steinbeißer finden in diesem Gebiet Laich-, Aufwuchs- und Nahrungshabitate. Für das Flußneunauge ist die Wedeler Marsch als Wander- und Rückzugsgebiet einzustufen, für das Bachneunauge ist sie als Rückzugsgebiet anzusehen, ebenso für die anderen relevanten Arten, nämlich Bitterling, Rapfen, Schlammpeitzger und Steinbeißer. In der Summe sind 16 ökologische Gebietsfunktionen nachweisbar.

Tab. 13: Präsenz der Fischarten gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie (ohne prioritäre Arten) im Gebiet 8 -Wedeler Marsch- mit Angabe der ökologischen Funktion des Gebietes für die einzelnen Arten - Daten nach ARGE ELBE (1984), ARGE ELBE (1995), DEHUS (1990), DIERCKING & WEHR\-MANN (1991), IKSE (1996), PETERMEIER et al. (1994), THIEL (1995), THIEL et al. (1995).}}

Nr. Fischart Präsenz Ökologische Funktion
      Laich-
gebiet
Aufwuchs-
gebiet
Nahrungs-
gebiet
Wander-
gebiet
Rückzugs-
gebiet
01 Bachneunauge X         X
02 Bitterling X X X X   X
03 Finte            
04 Flußneunauge X       X X
05 Meerneunauge            
06 Rapfen X X X X   X
07 Schlammpeitzger X         X
08 Steinbeißer X X X X   X
  Summe 6 3 3 3 1 6

 

Aus dem festgelegten Schutzzweck des bestehenden NSG sowie dem Vorkommen von Lebensräumen und Arten einschließlich der erkennbaren Entwicklungsmöglichkeiten lassen sich folgende Erhaltungsziele für das Gebiet ableiten (Arbeitshypothese):

Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Lebensgemeinschaften mit den zugehörigen typischen Tier- und Pflanzenarten.

 

7.9.2 Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie

Es sind für den Bereich der Wedeler Marsch in der UVU keine direkten vorhabensbedingten Auswirkungen prognostiziert worden. Bei den dargestellten Beeinträchtigungen handelt es sich um indirekte Wirkungen, die auf die prognostizierte Veränderung der Tidedynamik zurückzuführen sind. Die Beurteilung der Auswirkungen erfolgt vor dem Hintergrund des äußerst komplex strukturierten hydrographischen Systems mit seinen vielfältigen Einflußfaktoren (z.B. Gezeiten, Oberwasserzufluß) und der bereits natürlicherweise vorhandenen großen Variabilität der Zustandsgrößen (z.B. Wasserstände und Tidenhub).

Im einzelnen sind folgende Auswirkungen für die Beurteilung von Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-Richtlinie von Relevanz:

  • Erhöhung des Tidehochwassers und
  • Absinken des Tideniedrigwassers.

Es sind die Fragen gemäß Prüfraster (vgl. S. 160/61) und Bewertungsrahmen (vgl. S. 165) zu klären, ob die dargestellten Auswirkungen die wertbestimmenden Merkmale des Gebietes derart beeinträchtigen, daß die Erheblichkeitsschwelle für die Einstufung in Kategorie 3 (erhebliche Beeinträchtigung) erreicht ist und damit ggf. eine "erhebliche" Beeinträchtigung im Sinne Artikel 6, Abs. 3 der FFH-Richtlinie vorliegt.

Die wertbestimmenden Merkmale bzw. die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck sind v.a.

  • das Vorhandensein der Tidedynamik,
  • das Vorkommen von mit Gräben durchzogenen Grünländern sowie
  • die Funktion als Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiet des Bitterlings.

Die Beurteilung der Auswirkungen auf die wertbestimmenden Merkmale stellt sich im einzelnen folgendermaßen dar:

Erhöhung des Tidehochwassers

Die prognostizierte Erhöhung des Thw liegt in diesem Bereich zwischen 3 und 4 cm. Die Erhöhung des Tidehochwassers führt infolge der Stauchung der Ufervegetation zu Veränderungen innerhalb der Zusammensetzung der vorhandenen Biotopstrukturen (z.B. Abnahme von Röhrichtflächen und Zunahme von Wattflächen) und damit zu Flächenverlusten ufernaher Vegetationszonen (Weidenauwald, Weidenauengebüsch und Röhricht).

In der UVU ist ein Biotopflächenverlust von insgesamt ca. 0,5 ha prognostiziert worden, davon ca. 0,1 ha Flußwatt-Röhricht. Nach dem angewandten Abschätzverfahren entspricht dies einem Biotopflächenverlust von etwa 5% bezogen auf die landseitige Fläche der betroffenen Biotoptypen (vgl. MATERIALBAND VI). Die betroffenen Biotoptypen sind alle dem Lebensraumtyp "Ästuarien" zuzuordnen.

Die Auswirkung wird als geringe Beeinträchtigung beurteilt, da das natürliche Verbreitungsgebiet und der betroffenen Lebensraumtyp aufgrund der nur geringen Änderung der Zusammensetzung der Biotope (< 5%) zueinander langfristig beständig bleiben.

Ebenso bleibt auch zukünftig die Tidedynamik erhalten.

Die Wedeler Marsch erfüllt als einziges der hier zu betrachtenden Gebiete die Funktion als Laichgebiet für den Bitterling und den Steinbeißer. Für den Bitterling wird diese Funktion nicht eingeschränkt. Als ostracophiler Laicher ist er auf Muscheln angewiesen, in die er seinen Laich abgibt. Eine Beeinträchtigung der Muschelbestände durch die Maßnahmen ist nicht zu erwarten. Anders hingegen sieht es beim Steinbeißer aus. Durch den prognostizierten Verlust von ca. 0,1 ha Flußwatt-Röhricht geht für diesen phytophilen Laicher Laichsubstrat verloren. Durch den Rückgang von Röhrichtpflanzen kann es für eine Übergangszeit (bis zur Einstellung eines neuen Gleichgewichtes) in geringem Umfang zu einem Verlust an Aufwuchs- und Nahrungsplätzen für den Bitterling, den Rapfen und den Steinbeißer kommen kann. Aufgrund der Großräumigkeit des Lebensraumes und der Strukturvielfalt des Gebietes ist die Beeinträchtigung jedoch unerheblich.

Absinken des Tideniedrigwassers

Für die Grabensysteme der Wedeler Marsch sind im Rahmen der UVU im hydromechanischen Gutachten keine Prognosen erstellt worden. Auswirkungen der Baumaßnahmen sind nur im Bereich der Tidewasserstandsänderungen denkbar. Da für die Gräben keine Werte der Thw-Absenkung vorliegen, werden die Angaben der Elbe in diesem Bereich als Grundlage genommen, wobei davon ausgegangen wird, daß die Tnw-Absenkungen sich ungefähr entsprechen: Sie betragen rund 5 cm. Hierdurch kann es zum Trockenfallen flacher Laichbänke des Rapfens kommen und damit zu einer erhöhten Eimortalität. Die als Aufwuchs-, Nahrungs-, Wander- und Rückzugsgebiet relevante Fläche kann durch die Tnw-Absenkungen reduziert werden. Diese mögliche Beeinträchtigung wird jedoch nach dem derzeitigen Stand des Wissens als unerheblich eingestuft.

Strömungsänderungen sind im Grabensystem nicht zu erwarten, so daß hiervon keine Beeinträchtigung der Funktion als Aufwuchsgebiet eintritt.

Gesamtbeurteilung:

Innerhalb des potentiellen FFH-Gebietes "Wedeler Marsch" kommt es durch die Veränderung der Biotoptypenzusammensetzung aufgrund der Änderungen der Tidewasserstände zu Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps "Ästuarien" und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie.

Von den Auswirkungen sind keine prioritären Lebensraumtypen und Arten nach den Anhängen I und II der FFH-Richtlinie betroffen.

Auf der Grundlage des gewählten Beurteilungsmaßstabes ist insgesamt von einer sehr geringen Beeinträchtigung (Kategorie 1) auszugehen, da

  • das natürliche Verbreitungsgebiet des jeweiligen Lebensraumes sowie die Flächen, die der Lebensraum und das Mosaik der Lebensraumtypen in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, beständig bleiben,
  • die für den langfristigen Fortbestand des natürlichen Lebensraumes notwendige Struktur und spezifische Funktionen bestehen bleiben und
  • sich die Populationsdynamik der jeweiligen, für den betreffenden Lebensraum charakteristischen Art nicht ändert, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht abnimmt und das langfristige Überleben der Population gesichert ist.

 

7.9.3 Kompensationsmaßnahme Hetlingen/Giesensand

Die Maßnahmen auf Giesensand und in Hetlingen liegen zwar außerhalb des Untersuchungsgebietes, jedoch im Prüfgebiet für die FFH-Richtlinie. Nach aktueller Biotoptypenkartierung der BfG sind keine FFH-Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse oder prioritäre Lebensräume von der Kompensationsmaßnahme betroffen. In diesem bisher nicht der Tide ausgesetzten Gebiet sind auch keine prioritären Arten oder Arten von gemeinschaftlichem Interesse betroffen. Die durch Erweiterung des Tideeinfusses vorgesehene Ausweitung des Lebensraumtyps "Ästuarien" ist im Sinne der FFH-Richtlinie positiv zu bewerten.

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